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Berlin: Notfalls bringt die Polizei Schwänzer in die Schule

Bezirke gehen jetzt einheitlich gegen Eltern vor, die ihre Kinder nicht in den Unterricht schicken

In Berlins Klassenzimmern bleiben einzelne Stühle längere Zeit leer – und keiner weiß, was mit dem Kind ist. Um bei solchen Fällen von Vernachlässigung der Schulpflicht besser reagieren und potenzielle Fälle von Kindesvernachlässigung schneller aufdecken zu können, haben Berlins Schulbehörden jetzt ein einheitliches konsequentes Vorgehen beschlossen. Die Maßnahmen hat die Senatsbildungsverwaltung gemeinsam mit den Bezirken in einer speziellen Arbeitsgruppe erarbeitet – die Bezirksvertreter hatten dafür ihre effektivsten Schritte vorgestellt.

Ob Lichtenberg oder Spandau - künftig gehen sie alle folgendermaßen vor: Fehlt ein Kind unentschuldigt, muss der Lehrer oder die Schulleitung nach spätestens drei Tagen persönlichen Kontakt zu den Eltern aufnehmen. Erscheint das Kind immer noch nicht im Klassenraum, stellt die Schule nach spätestens zehn Tagen eine Schulversäumnisanzeige an den Bezirk.

Nach zehn Tagen übernimmt der Bezirk: Jetzt nehmen Schulpsychologen oder andere Mitarbeiter des Schulamtes gemeinsam mit den sozialpädagogischen Diensten und den Jugendämtern sowie Vertretern der Schule Kontakt zu den Eltern auf. Wenn diese sich zwei Wochen nach der Schulversäumnisanzeige immer noch stur stellen oder sich nicht äußern, leitet der Bezirk ein Bußgeldverfahren ein. Das kann nach Auskunft von Bildungsverwaltungssprecher Kenneth Frisse bei bis zu 2500 Euro liegen.

Sollten nun beispielsweise Mütter oder Väter, die Hartz-IV-Empfänger sind und bei denen es möglicherweise im Haushalt nichts zu pfänden gibt, immer noch desinteressiert sein, hilft alles nichts: Dann muss die Polizei die Schulpflicht durchsetzen, teilte die Bildungsverwaltung mit. „Das bedeutet nicht, dass die Beamten das Kind nun täglich zur Schule geleiten – wir wollen vielmehr durch die Kooperation mit der Polizei dann tätig werden, wenn das Wohl des Kindes offensichtlich in Gefahr ist oder möglicherweise, wie bei den aktuellen Vernachlässigungsfällen, sogar Lebensgefahr besteht“, sagt Frisse.

Nach der aktuellsten Stichtagszahlumfrage waren am 15. Januar 97 Kinder schon länger ohne triftigen Grund nicht im Unterricht – von insgesamt mehr als 340 000 Schülern. Die Bezirke haben die Fälle jetzt aufgeklärt. Im Januar hatten einige Bezirke hohe, andere niedrigere Zahlen gemeldet. Das lasse aber nicht unbedingt Rückschlüsse auf Nachlässigkeiten zu – teils hätten Bezirke mit hohen Fallzahlen intensiver nachgeforscht als jene mit weniger Vorfällen, hieß es bei der Bildungsverwaltung.

Annette Kögel

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