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Berlin: Oase des großen Staunens

Der neue Orientalische Garten begeistert die Besucher – auch wenn ihnen dort kaum etwas erklärt wird

„Eigentlich sind schon zu viele drin“, sagt der junge Mann vom Sicherheitsdienst. Er steht am Eingang des Orientalischen Gartens im Erholungspark Marzahn und äugt besorgt in die Runde. Dass ja keiner Unrat in die Brunnen werfe, niemand Orangen pflücke, die golden im dunklen Laub großer Kübelpflanzen glühen und keiner sein Kind etwa zum Planschen in die Wasserspiele setze. „Heute Nachmittag kann bestimmt nur schubweise reingelassen werden“, ist der bestellte Ordnungshüter überzeugt.

Gestern Mittag sind es etwa achtzig Besucher, die sich im „Garten der vier Ströme“ ergehen – so heißt poetisch nach Euphrat, Tigris, Phison und Gischon das, wie berichtet, am vergangenen Donnerstag eröffnete orientalisch gestaltete vierte Objekt der „Gärten der Welt“. Verfehlen kann man es nicht. Wer den Stau an den beiden Kasseneingängen in der Eisenacher Straße hinter sich hat, muss nur dem Pilgerstrom folgen. Weit hat man es nicht in den Orient – das hinter vier Meter hohen rot-ockerfarbenen Sandsteinmauern verborgene neue Gartenparadies liegt am Eingang rechts fast um die Ecke.

Vor dem Eintritt ins Paradies wird der Besucher zunächst ausführlich durch ein Plakat vor möglichen Gefahren gewarnt. „Vorsicht Rutschgefahr“ steht da zu lesen und auch, dass man nicht mit „Stöckelschuhen“ in den Arkadengängen die Runde machen soll. Essen, trinken und rauchen darf man auch nicht – das Paradies soll sauber bleiben. Das hat gestern wohl eine überlesen – einer der drei Sicherheitsleute weist die in der Hitze durstig Trinkende daraufhin, dass ihre Wasserflasche ein verbotenes Gut ist. Warum, weiß er nicht.

Zum Glück befindet man sich ja in einem Riyâd, einem arabischen Gartenhof, und zu dem gehören in diesem Fall gleich vier wunderschön mit Mosaiken gestaltete Trinkwasserbrunnen. „Wie in Marokko“, jubeln zwei ältere Damen und stürzen sich so freudig wie durstig auf die Wasserquelle.

Überhaupt das Wasser – es rauscht und sprudelt hörbar aus allen Fontänen in den Marzahner Himmel, dessen sonniges Blau gestern zur fremdartigen Szenerie passt. In der wird fotografiert, was Kameras und Handys hergeben – vor den noch frischen Blumenbeeten, die wie die Palmen und anderen Bäume ihre künftige Pracht erst noch entfalten müssen; vor dem Pavillon mit seiner marmornen Brunnenschale und märchenhaften Decke wie aus 1001 Nacht und vor den Arkadengängen, in deren Schattenseiten gestern die Besucher auf wunderschönen Holzbänken Kühlung suchen.

Wer Rat und Auskunft sucht, hat dagegen Pech. „Was wir schon alles gefragt worden sind“, sagt einer der bestellten Ordnungshüter, „wenigstens ein Faltblatt hätte man herausgeben können, wenn sonntags schon keiner da ist, der Auskunft gibt.“ Führungen gebe es nur in der Woche – „vormittags, wer soll denn da hingehen?“. So können nur Zeitungsleser wissen, dass die Schriftzeichen ringsum an den Innenhofwänden orientalische Lebensweisheiten verkünden.Etwa diese hier: „Wenn du traurig einen Garten betrittst, verjagt er den Kummer aus deinem Herzen.“ Ganz schafft das das neue Paradies im Erholungspark Marzahn nicht – hätte der Gartenfreund doch zu gern gewusst, wie der Baum heißt, der mit einer riesigen weißen Blüte prunkt.

Heidemarie Mazuhn

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