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Polizisten der Bundespolizei nehmen während einer Übung einen Fußballfan fest. (Symbolbild).

© dpa/Philipp Schulze

Update

„Objektive Prüfung unmöglich“: Berliner Polizeibeauftragter beklagt fehlende Akteneinsicht

Gibt es Beschwerden und zugleich ein Verfahren der Staatsanwaltschaft, ist die Einsicht in Ermittlungsakten nicht möglich. Das kritisiert der Polizeibeauftragte scharf.

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Der im vergangenen Jahr eingesetzte Berliner Bürger- und Polizeibeauftragte Alexander Oerke hat beklagt, dass er wegen fehlender Einsicht in Ermittlungsakten seine Aufgabe oft nur schlecht erfüllen könne. Gebe es Beschwerden gegen die Polizei und zugleich ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft, sei Einsicht in die Akten nicht zulässig, das sieht die Strafprozessordnung vor, sagte Oerke am Donnerstag bei der Vorstellung seines ersten Berichts im Abgeordnetenhaus.

So komme er nicht an wichtige Informationen wie etwa Zeugenaussagen oder Obduktionsberichte. „Dadurch wird die objektive Prüfung erschwert oder unmöglich gemacht.“

Allerdings gehe es dabei um Bundesgesetze, stellte Oerke, der früher Verwaltungsrichter war, fest. Der Gesetzgeber müsse entsprechend handeln und den Polizeibeauftragten der Bundesländer die Akteneinsicht ermöglichen.

Zudem sei die „Haltung der Polizei, wonach der Polizeibeauftragte die Staatsanwaltschaft in jedem Einzelfall um Erlaubnis ersuchen muss, umständlich, zeitraubend und nicht praktikabel“, heißt es in Oerkes Bericht.

113 Beschwerden von Januar bis Mai

In einem Fall versuche er seit drei Monaten, über den zuständigen Staatsanwalt Einsicht in gesicherte Bodycam-Aufnahmen der Polizei zu erhalten – das werde trotz mehrfacher Erinnerung immer noch geprüft. Oerke sagte, bisher erreichten ihn insgesamt noch zu wenig Beschwerden aus der Bevölkerung.

Seit seinem Amtsantritt als unabhängiger Beauftragter im August 2022 seien bis Ende des Jahres „leider nur 78 Beschwerden“ eingegangen. Von Januar bis Mai 2023 seien es schon 113 Fälle, daher rechne er für das ganzen Jahr 2023 mit einer Fallzahl im „mittleren dreistelligen Bereich“. Initiativen und Beratungsstellen, die mögliche Polizeiübergriffe registrieren, würden sich noch zu wenig an ihn wenden, kritisierte Oerke.

Er forderte die Betroffenenvertretungen auf, ihm solche Fälle zu nennen. Nur so könne er Presseberichten oder Internetvideos zu möglichen Polizeiübergriffen nachgehen, um sie neutral zu überprüfen. Oerke berichtete, bei den Beschwerden über die Polizei bemängelten manche Menschen, dass Polizisten bei Falschparkern oder Partylärm untätig seien.

Andere Menschen erlebten Polizeieinsätze wie Kontrollen, Durchsuchungen oder Festnahmen als unnötig oder zu gewaltsam. Eingegangen seien aber auch Beschwerden von Polizisten über die eigenen Vorgesetzten. Kritik an anderen Behörden betreffe meist Ansprüche auf Geld vom Staat, Hort- und Kitaplätze, Tätigkeiten der Jugendämter, mangelnde Erreichbarkeit einer Behörde oder zu lange Bearbeitungszeiten.

Der unabhängige Polizei- und Bürgerbeauftragte soll Ansprechpartner für Bürger bei Konflikten mit der Polizei oder einer anderen Behörde sein. Oerke handelt im Auftrag des Abgeordnetenhauses. Demnächst arbeiten in seiner Behörde laut dem Bericht außer ihm noch vier weitere Beamte sowie Sachbearbeiter. (dpa)

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