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Berlin: Österreichische Botschaft: Eigenwillig an exponiertem Ort

Ganz fertig wird das Haus noch nicht sein, wenn es am morgigen Donnerstag eröffnet wird. Aber die Gäste, davon ist Botschafter Markus Lutterotti überzeugt, werden nichts bemerken.

Ganz fertig wird das Haus noch nicht sein, wenn es am morgigen Donnerstag eröffnet wird. Aber die Gäste, davon ist Botschafter Markus Lutterotti überzeugt, werden nichts bemerken. Unübersehbar wird dagegen sein, dass Österreich Ehrgeiz in seine neue Botschaft gesetzt hat. Der renommierte Architekt Hans Hollein hat ein Gebäude errichtet, das deutlich seine eigenwillige Handschrift zeigt. Auch der exponierte Platz an der Ecke Stauffenberg- und Tiergartenstraße sorgt dafür, dass das Haus ins Auge fallen wird. Und außerdem hat es auch noch den Charme, für den Berlin empfänglich ist: den der Wiederanknüpfung an die Zeit vor der Zerstörung und Teilung der Stadt.

Die Botschaft liegt nämlich neben dem Standort, den die österreichische Vertretung in Weimarer Republik und Drittem Reiche hatte - einen Steinwurf weiter in der Stauffenbergstraße, die damals Bendlerstraße hieß. Mit der Eröffnung des neuen Gebäudes endet der Weg der österreichischen Diplomatie durch die deutschen Nachkriegswirren, wo sie zumindest auf zwei, zeitweise auch auf drei Plätze verteilt war - im westberliner Dahlem, in Bonn, seit 1973 auch in Ost-Berlin.

Den Platz hatte der österreichische Botschafter Friedrich Hoess 1993 ausfindig gemacht. Er hatte das Gespür dafür, denn seine Generalkonsul-Zeit in der ersten Hälfte der 70er Jahre hat ihn zum Überzeugungs-Berliner gemacht. Damals war österreichische Diplomatie in Berlin eine vielschichtige, verzwickte Sache. Es gab die lokale Ebene - eine starke österreichische Kolonie mit Österreich-Wochen, Ferienkindern in der Steiermark und Oswald Wiener, dem avantgardistischen Wiener Literaten, der die Kult-Lokale "Exil" und "Paris Bar" mit erfand. Darüber eine hochpolitische Schicht: Der Gesandte war bei den vier Siegermächten akkreditiert und sozusagen Horchposten für die Vorgänge im Osten. Außerdem gehörten die OstBerliner Österreicher zu seiner Klientel; so konnte Hoess gelegentlich Helene Weigel - durch Brechts österreichische Staatsangehörigkeit zum Landeskind geworden - einen Stempel in den Pass drücken.

In den Jahrzehnten des Kaiserreichs war übrigens der Ehrgeiz der österreichischen Diplomatie für einen Botschaftsbau nicht übermässig groß gewesen. Ein Geschichtsschreiber der österreichischen Außenpolitik, Rudolf Agstner, registriert mit einem gewissen Bedauern, die Regierung des Kaiserreichs "perhorreszierte die Aquisition", den Ankauf eines Botschaftsgebäudes, das dem "decorum", dem Ansehen und der Würde des Kaiserreichs, entsprochen hätte. Die erste Botschaft der Österreicher in Berlin, eine Mietwohnung, befand sich zwar im ersten Stock des Blücherschen Palais am Pariser Platz 2, doch die feine Adresse verbirgt, das es nicht das glänzendste unter den Berliner Palais war. Später kaufte man das Palai Ratibor in der Moltkestrasse. Die Republik zog dann in die Bendlerstraße.

Das Grundstück hat Österreich im Jahre 1969 verkauft. Wer dachte schon daran, dass man je in Berlin wieder eine Botschaft brauchen könnte? Die neue Botschaft ist für Österreich eine Zäsur. "Erstmals", so Rudolf Agstner, hat das Land in Berlin ein Botschaftsgebäude, das allen Erfordernissen genügt. Und dem diplomatischen "Decorum" entspricht es auch.

Rdh

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