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Berlin: Ohne Rücksicht auf Parteifreunde

Integrations-Debatte mit Neuköllns Bürgermeister

Von Sabine Beikler

Neuköllns Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky ist Sozialdemokrat. Doch wenn es um sein Lieblingsthema Integration und Multi-Kulti geht, scheut der gebürtige Neuköllner auch vor Angriffen auf Parteifreunde und Senatsvertreter nicht zurück. Er mag keine Rücksicht auf die „Gutmenschen-Mafia“ mehr nehmen, sagt Buschkowsky. Auch nicht auf Schulsenator Klaus Böger. „Wir brauchen nicht mehr Schulsozialarbeiter, sondern mehr frühkindliche Förderung. Die Abschaffung der Vorklassen ist tödlich. Was nützt die Förderung von Migrantenkindern erst in der Schule?“, fragte Buschkowsky am Montagabend auf einer PDS-Veranstaltung im Rathaus Neukölln zum Thema Integration. „Ein Kind, was mit sechs Jahren nicht Deutsch spricht, hat den Kampf fast verloren.“

Udo Quisbrok ist Lehrer an der Neuköllner Albert-Schweitzer-Oberschule und berichtet von bis zu 90-prozentigem Anteil von Migrantenkindern an Neuköllner Schulen. „Warum hat man gegen die fehlende Mischung mit deutschen Schülern nichts unternommen?“ Er plädiert für eine Umverteilung und eine Quote von 30 bis 35 Prozent Migrantenkinder an Schulen. Das sei nicht umsetzbar, kontert der Migrantenbeauftragte des Senats, Günter Piening, und spricht von einer „neuen Selbstlüge“. Man müsse Schulen eben „in die Lage“ versetzen, mit diesem hohen Anteil von Migranten umzugehen. Piening erzählt vom neuen Schulgesetz, von einer besseren Verzahnung mit Sozialarbeitern und den Eltern. Als Piening von der Idee berichtet, auch zweisprachige Elternabende einzuführen, wird es Buschkowsky zu viel. „Konsequenter“ müsse man durchgreifen, Sprachkenntnisse seien der Schlüssel, das Tor zur Gesellschaft. Buschkowsky kann die politische Ankündigungen von Programmen nicht mehr hören. Wenn der Migrationsbeauftragte zu einem „Wettbewerb der Ideen“ aufrufe, dann müssten Impulse auch von ihm selbst ausgehen. „Die Rede von Ihrem innerstädtischen Solidarpakt ist eine inhaltsleere Sprechblase“, sagte Buschkowsky

Die PDS-Politikerin Evrim Baba fordert die „politische Partizipation“ von hier lebenden Migranten ohne deutschen Pass. Baba will eine „Ursachenanalyse“ für Integrationsprobleme und mehr Arbeitsplätze für Migranten. Das Stichwort Hartz IV fällt auch noch. Heinz Buschkowsky zieht dabei müde die Augenbrauen hoch. Was er denkt, kann man dem 56-Jährigen ansehen, der das lautlose Aussterben kleiner und mittelständischer Handwerksbetriebe in der Gegend südlich des Hermannplatzes hautnah erlebt hat.

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