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Berlin: Opfer des eigenen Erfolges: Stasi-Gedenkstätte überzieht EtatFür Finanzkrise des Ex- Gefängnisses in Hohenschönhausen ist keine Lösung in Sicht

Von Jörg-Peter Rau Hubertus Knabe, Leiter der Stasi-Gedenkstätte in Hohenschönhausen, kann sich nur bedingt freuen. Zwar kündigte Stadtentwicklungssenator Peter Strieder bei einer Podiumsdiskussion am Mittwochabend (siehe Kasten) an, dass schon in der kommenden Woche die dringend nötigen Besuchertoiletten und zwei Seminarräume in Betrieb genommen werden können.

Von Jörg-Peter Rau

Hubertus Knabe, Leiter der Stasi-Gedenkstätte in Hohenschönhausen, kann sich nur bedingt freuen. Zwar kündigte Stadtentwicklungssenator Peter Strieder bei einer Podiumsdiskussion am Mittwochabend (siehe Kasten) an, dass schon in der kommenden Woche die dringend nötigen Besuchertoiletten und zwei Seminarräume in Betrieb genommen werden können. Aber wie die steigenden laufenden Kosten des ehemaligen Stasi-Gefängnisses gedeckt werden sollen, konnte niemand sagen. Denn die Einrichtung wird zum Opfer ihres eigenen Erfolges: 115 000 Besucher erwartet Knabe für dieses Jahr, die jährlichen Steigerungsraten liegen bei 30 Prozent. Der Etat 2002 für die Führungen – ohne die ein Besuch in Hohenschönhausen nicht sinnvoll ist – ist deshalb schon weit überzogen.

Nun muss Knabe mit der PDS-geführten Kulturverwaltung über den Betriebskosten-Zuschuss von etwas über einer Million Euro verhandeln, der zur Hälfte vom Land und zur Hälfte vom Bund kommt. Doch dort habe ihm Senator Thomas Flierl bereits bedeutet, dass die Einrichtung gut bedient sei, wenn sie von den Kürzungen verschont geblieben ist. In einem Notprogramm wurde alles Geld, das für den Aufbau einer Bibliothek geplant war, für die Führungen durch ehemalige Häftlinge umgewidmet. Doch inzwischen droht genau das, was Knabe als ein Gräuel bezeichnet: Dass er Interessierte nach Hause schicken und ein Schild „wegen technischer Probleme geschlossen“ an das schwere Eisentor hängen muss. „Das wäre dann wie bei den unliebsamen Liedermachern in der DDR“, so Knabe.

Versucht habe man schon einiges: Die Führungen wurden zeitweilig von zwei auf eine Stunde verkürzt, damit bei gleichen Einnahmen doppelt so viele Besucher durch die Vernehmerzimmer und Zellen geschleust werden können. Allein: Es kommen immer mehr Schulklassen, und die sind von den zwei Euro Eintritt befreit. Auch das geringe Vorwissen der Besucher verbiete derlei Kurz-Durchläufe. Besuche ohne Führung hält Knabe für wenig angebracht – Souvenirjäger können Inventar stehlen, Touristen sich in den Trakten verirrren, der Anlage ginge ihre Echtheit verloren, wenn sie zum Museum mit Schautafeln und Filmchen mutiert.

In einem Punkt sind sich Knabe und Strieder einig: Ein schickes Museum soll in Hohenschönhausen nicht entstehen, die schäbige Atmosphäre wird erhalten bleiben. Mindestens 15 Millionen Euro sind nach Knabes Berechnungen trotzdem nötig, um die Gedenkstätte zumindest sicher zu machen. In den Wänden sind noch Leitungen aus Aluminiumdraht verlegt, die Abwasser-Entsorgung ist marode. Wie das finanziert werden soll, ist unklar. Knabe rechnet vor, dass in Sachsenhausen rund 300 000 Besucher im Jahr gezählt werden. Und dass das Erinnern an Stasi-Gräuel ebenso wichtig ist wie die Aufklärung über die NS-Schandtaten, war am Mittwoch auf dem Podium Konsens. In der Pressestelle der Senatsbauverwaltung hieß es gestern dazu lediglich, Strieder habe in seiner Eigenschaft als SPD-Vorsitzender an der Diskussion teilgenommen.

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