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Berlin: Oswalds Woche: Viel Lärm um nichts

Sie haben Gäste zum Essen eingeladen. Alte Freunde, darunter zurückhaltende, vernünftige Männer, die andere andauernd höflich ausreden lassen und mit leisem Tonfall und moderater Wortwahl reden.

Sie haben Gäste zum Essen eingeladen. Alte Freunde, darunter zurückhaltende, vernünftige Männer, die andere andauernd höflich ausreden lassen und mit leisem Tonfall und moderater Wortwahl reden. Sie kennen das. Die Frauen finden das etwas eintönig, wissen sich viel interessanteres zu erzählen und wünschen sich statt ihrer Männer muntere Zeitgenossen am Tisch. Da kommen - deutlich verspätet - Leute, die ein klein wenig aus dem Rahmen fallen. Sie haben Temperament, sind etwas aufgekratzt. Ein bisschen laut reden sie. Mancher findet die Unterhaltung etwas unseriös, distanziert sich innerlich, aber: Plötzlich ist Leben in der Bude. Und das Abendessen ist gerettet.

Was wäre das Leben ohne einen Schuss Entertainment. Und was wäre das gesellschaftliche Leben in Berlin ohne den Botschafter der Schweiz, Thomas Borer, und vor allem: seiner Frau, Shawne Borer-Fielding. Wo sie hinkommen, sind sie Mittelpunkt. Die attraktive Ex-Miss-Texas zieht die Fotografen an. Wer die Blicke auf sich lenkt, hat auch Neider, und hinterrücks wird nicht nur freundlich über die Frau geredet, die den Kampf um öffentliche Aufmerksamkeit dauernd gewinnt.

Das kommt jetzt alles hoch, nachdem das Skandalfoto veröffentlicht wurde, bei dem Shawne auf dem Schoß des Scorpions-Rockers Klaus Meine sitzt und den Mund zum Kuss schürzt. Ihr Mann, auf das Foto angesprochen, hatte im Fernsehen mit launiger Formulierung nahegelegt, dass Meine schwul sei. Das geht nun vielen Eidgenossen zu weit und nicht nur ihnen. Auch in Berlin wird über das Paar zunehmend anders geredet. Vielleicht ist das der Grund, warum das Paar der Aids-Gala fern blieb, obwohl es ursprünglich dort erscheinen wollte.

Der Fotograf Boris Klinge, der das Skandalbild aufnahm, erzählte mir, wie es dazu kam. Die Frau des Botschafters habe ihn auf der Wempe-Benefiz-Gala gebeten, er möge einige Fotos von ihr machen. Daraufhin habe sie sich auf den Schoß von Klaus Meine gesetzt. Gegenüber ihm, dem Fotografen, habe sie von den tollen Augen Meines geschwärmt und gesagt, was für ein toller Typ er sei.

Was ist schon dabei? Sie irrt zwar, aber ist es etwa verboten, Klaus Meine zu bewundern? Dieser ist verheiratet und macht einen glücklichen Eindruck. Schwul jedenfalls ist er nicht. Na, da war das Mundwerk des Botschafters etwas locker. Aber Meine hat ihm verziehen.

Der Skandal ist ein ganz anderer: dass ausgerechnet ein Schweizer Diplomat das gesellschaftliche Leben hier aufmischt. Die Berliner sind sich selbst zu langweilig. Dabei haben die Schweizer auch noch einen Ruf zu verlieren. Also: Hut ab. Schweizer können nicht nur Käse aufblasen.

Oswalds Woche - Live Chat: Heute abend chattet Kol

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