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Berlin: OVG-Präsidentschaftswahl: Der Umzug ins Chefzimmer muss noch warten

Umgezogen in die First Suite, in das Präsidenten-Zimmer ist er noch nicht. Schließlich hat ihn der Senat noch nicht offiziell ernannt.

Umgezogen in die First Suite, in das Präsidenten-Zimmer ist er noch nicht. Schließlich hat ihn der Senat noch nicht offiziell ernannt. Zunächst wird heute das Abgeordnetenhaus Detlef Bitzer zum neuen Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts (OVG) wählen, der Senat ihn dann in seiner nächsten Sitzung ernennen. So lange wird Bitzer noch in seinem Stellvertreter-Büro sitzen bleiben und weiterhin eines der wichtigsten Gerichte Berlins kommissarisch leiten.

Mit der Ernennung Bitzers wird eine halbjährige Periode der Führungslosigkeit ein Ende finden. Seit der Pensionierung des langjährigen OVG-Präsidenten Dieter Wilke im Februar suchten die Politiker einen angemessenen Nachfolger. Partei- und landespolitische Erwägungen verhinderten eine schnelle Wahl; zeitweilig blockierte die Suche nach Verfassungsrichtern eine Einigung, weil sich SPD und CDU das OVG als Druckmittel hielten. Dann hinderte die geplante Vereinigung der Oberverwaltungsgerichte Berlins und Brandenburgs eine Nominierung, weil Teile der Union einen Berliner durchsetzen wollten. Schließlich sprach Eberhard Diepgen ein Machtwort und entschied sich für den 62-jährigen Bitzer. Wenn Bitzer Ende 2002 in den Ruhestand geht, wird der neue Präsident des dann gemeinsamen Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg aus Potsdam gestellt.

Einen Richter, "dessen Leistungen höchsten Ansprüchen genügen", hat der Senat ihn genannt. In Fachkreisen galt der gebürtige Berliner seit langem als ausgezeichneter Jurist, der auch in schwierigen Entscheidungen bedächtig blieb. Das war gerade in den vergangenen Monaten nicht ganz einfach. Regelmäßig wurden die Richter des 1. Senats, dem Bitzer vorsteht, für ihre Entscheidungen kritisiert, auch Demonstrationen Rechtsextremer unter Auflagen zuzulassen. Innensenator Werthebach will gar das Versammlungsrecht ändern, weil die Richter nicht wollten, wie er.

"Kritik können wir hinnehmen", sagt Bitzer dazu entspannt. "Wir stehen nicht außerhalb der Gesellschaft. Allerdings war nicht jede Kritik sehr sachlich." Das Oberverwaltungsgericht sei nun einmal "der Hüter des Rechtsstaates, und dessen Recht gilt auch für Rechtsextreme." Von den jüngsten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts fühlt er sich bestätigt. Allerdings ging die Debatte an Bitzer nicht spurlos vorbei; Verschärfungen etwa beim Uniformverbot kann sich der vierfache Vater durchaus vorstellen.

Zehn Stunden täglich arbeitet Bitzer, der sich selbst als "Richter aus Begeisterung" beschreibt. In seiner Freizeit fährt er viel Fahrrad und spielt Tennis. Bis vor ein paar Jahren kickte er für "Justitia Schwarz-Grün". Ein guter Ausgleich zu den vielen Akten, zu Neonazis, Temposündern und Abschiebungen.

Holger Stark

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