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Berlin: Palästinenser sollen demonstrieren – aber friedlich

Von Frank Jansen Der Hass ist kaum zu bremsen. „Die Politik Scharons ist genauso verbrecherisch wie die der Nazis“ schallt es aus dem Telefonhörer, „und die jüdischen Siedler in Palästina sind faschistische Raubmörder“.

Von Frank Jansen

Der Hass ist kaum zu bremsen. „Die Politik Scharons ist genauso verbrecherisch wie die der Nazis“ schallt es aus dem Telefonhörer, „und die jüdischen Siedler in Palästina sind faschistische Raubmörder“. Der Mann am anderen Ende der Leitung ist ein Deutscher palästinensischer Herkunft, der „selbstverständlich“ am 21. Mai an der großen Demonstration gegen den Besuch von US-Präsident George W. Bush teilnehmen wird. Mit „mehreren tausend“ Palästinensern und anderen Arabern. Tatsächlich wird kräftig mobilisiert - sogar mit Hilfe aus Palästina selbst.

Von der Öffentlichkeit kaum bemerkt, hat am vergangenen Mittwoch eine angereiste Führungsfigur in Berlin zum Straßenprotest gegen Bush aufgerufen. Mustafa Bargouthi, einer der Chefs der postkommunistischen Volkspartei, die mehrere Minister in Arafats Autonomiebehörde stellt, trat in der Moabiter Reformationskirche vor etwa 250 Arabern auf. „Da waren alle politischen Lager vertreten“, heißt es bei den Sicherheitsbehörden, „von den Linken bis zur Hamas und anderen Islamisten“. Bargouthi heizte die Stimmung an, vergatterte aber seine Zuhörer auch zu striktem Gewaltverzicht.

„Er hat uns ermutigt, auf jeden Fall friedlich zu demonstrieren“, sagt Ali Marouf, Generalsekretär der vereinigten palästinensischen Gemeinde Berlin-Brandenburg. „Bargouthi hat viel zu sagen“, betont der Generalsekretär, „und er hat hier die Unterstützung von allen Palästinensern“.

Diese und andere Araber bereiten sich nun darauf vor, in einem eigenen Block in der Demonstration von Pazifisten und Globalisierungsgegnern mitzumarschieren. „Frauen und Kinder sollten zu Hause bleiben“, sagt Marouf. Es seien Ausschreitungen zu erwarten, deshalb werde den arabischen Familien in der Stadt nur die Teilnahme der Männer empfohlen. Marouf glaubt, dass trotzdem mindestens 1500 arabische Demonstranten zusammenkommen.

In dem Aufruf an die Männer schwingt offenbar die Hoffnung mit, üble Szenen zu vermeiden, wie es sie bei dem Anti-Israel-Aufzug am 13. April in Mitte gab. Damals hatte ein Palästinenser seine Kinder als Selbstmordattentäter drapiert. Vor allem das Bild der kleinen Tochter, die mit umgeschnallten Sprengstoffattrappen auf der Schulter des Vaters saß, rief Empörung hervor. „Wir distanzieren uns“, sagt Marouf, ähnliche Auftritte würden am 21. Mai verhindert. Außerdem habe sich der Vater bei der palästinensischen Gemeinde entschuldigt. „Das war ein hilfloser Aufschrei von ihm“, sagt Marouf.

Auch wenn er Demo-Gewalt ablehnt, Selbstmordattentate erscheinen ihm legitim. „Das gehört zum Widerstandskampf“, meint Marouf, „die Israelis haben Flugzeuge und Panzer, unsere Leute haben nichts“. Solch zwiespältige Argumentation macht den Behörden Sorgen. Ein Experte fragt sich, „ob die palästinensische Gemeinde ihre Jugendlichen so weit unter Kontrolle hat, dass sie nicht ausrasten wie am 1. Mai“.

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