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Berlin: Parlamentskommission rügt CDU und SPD wegen Finanzen

Vertraulicher Schlussbericht: Große Koalition hat trotz aller Probleme jahrelang expansiv Geld ausgegeben - auch Rot-Rot setze keine gezielten Prioritäten

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Der Name ist Programm: „Eine Zukunft für Berlin“ soll die Enquetekommission des Abgeordnetenhauses sichern. Jetzt ist der zentrale Teil („Haushalt und Finanzen“) ihres Abschlussberichts fertig. Das vertrauliche Papier, an dem Abgeordnete und Experten seit einem Jahr arbeiten, liegt dem Tagesspiegel vor.

Nach Auffassung der Kommission ist die extreme Haushaltsnotlage Berlins hauptsächlich teilungs- und vereinigungsbedingt. Die überstürzte Kürzung der Berlinförderung, hohe Steuerausfälle und das „wirtschaftliche Versagen der meisten Landesunternehmen“ seien erschwerend hinzugekommen. Trotzdem habe der CDU/SPD-Senat bis 1995 „eine expansive Finanzpolitik gefahren“, kritisiert die Kommission. Er habe sich dabei, ebenso wie die CDU/FDP-Bundesregierung, an unrealistischen Entwicklungschancen für das wiedervereinigte Berlin orientiert.

Erst 1996 sei umgesteuert worden. „Berlin unternimmt seitdem beachtliche Konsolidierungsschritte.“ Ausgabenzuwächse habe es nur noch „in den Bereichen Bildung, Familie und Sport“ gegeben. Eine für die Zukunft der Stadt „zielführende, akzeptable Prioritätensetzung“ in der Haushaltspolitik sei bisher allerdings nicht erkennbar. Die Kommission bemüht den Vergleich mit Hamburg, dessen Lebensader der Hafen sei. „Berlins Hafen sind Wissenschaft und Kultur.“ Kitas, Schulen und Bildungsmaßnahmen für Arbeitslose müssten ebenfalls Priorität haben.

Die Kommission forderte außerdem, das Wirtschaftswachstum in Berlin massiv zu stärken. Starke Impulse seien vom Ausbau der Schienen- und Straßenverbindungen nach Mittel- und Osteuropa und vom Bau des Großflughafens Schönefeld zu erwarten. Die öffentlichen Investitionsausgaben seien viel zu niedrig. Der „einsetzende Niedergang der Infrastruktur“ müsse aufgehalten werden.

Wenn Berlin die Klage vor dem Bundesverfassungsgericht verliert und der Bund keine Sanierungshilfen zahlt, müssten 6,5 Milliarden Euro eingespart werden, um die öffentlichen Finanzen aus eigener Kraft in Ordnung zu bringen. Dann könne Berlin seine „verfassungsgemäßen Aufgaben nicht mehr erfüllen“ und eine Fusion mit Brandenburg sei unter solchen Bedingungen nicht vorstellbar.

„Welche Maßnahmen Berlin in dem Fall, dass es keine Sanierungshilfen erhält, überhaupt ergreifen könnte, ist weder erforscht, noch ist bekannt, welche Folgen hieraus für den Bund, die anderen Länder und den Wirtschaftsstandort Deutschland erwachsen würden“, heißt es weiter. So oder so müsse Berlin im Bundesrat stärker dafür eintreten, die Steuereinnahmen des Landes zu verbessern.

Denn auch im Idealfall, wenn der Bund seiner Hauptstadt 35 Milliarden Euro Schulden abnähme, müsste Berlin in den nächsten Jahren noch mindestens 2 Milliarden Euro einsparen. Mit „diesen weiteren Opfern“ sei der Landeshaushalt dann aber saniert, meint die Enquetekommission.

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