zum Hauptinhalt
Berlin Wahl, Online v2
Montage: Tagesspiegel/Fotos:  Bernd von Jutrczenka/dpa, Britta Pedersen/dpa

© Montage: Tagesspiegel/Fotos:  Bernd von Jutrczenka/dpa, Britta Pedersen/dpa

Update

Erstes Fernduell im Berliner Wahlkampf: SPD-Mann Krach nennt Wegner „träge“ – der kontert mit Spitzen

Steffen Krach will das Rote Rathaus für die SPD zurückerobern. Bei seiner Vorstellung schießt er scharf gegen den Regierenden Bürgermeister– der auf einem parallelen Termin kontert.

Stand:

Selbstbewusst, gut gelaunt und umringt von allen zentralen Politikern der Berliner Sozialdemokratie ist der designierte SPD-Spitzenkandidat für die Wahl 2026, Steffen Krach, in den Wahlkampf gestartet. Seine Ambitionen machte er direkt deutlich: „Es geht nicht um Platz zwei oder drei, es geht um Platz eins“, sagte er bei seinem ersten öffentlichen Auftritt in der Hauptstadt nach seiner Nominierung.

„Ich will gemeinsam mit den 18.000 Genossinnen und Genossen hier in Berlin die Hauptstadt für die SPD zurückholen“, sagte er auf dem Pressetermin am Montagmorgen. „Ich will gewinnen.“

Nach einer kurzen Vorstellung seiner Person ging Krach, der aktuell Präsident der Region Hannover ist, in den Angriffsmodus und attackierte den Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU), den er bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus am 20. September 2026 herausfordert. „Ich bin der festen Überzeugung, dass Berlin aus dem Roten Rathaus unter Wert regiert wird: träge, ambitionslos und halbherzig“, sagte er. 

„Berlin macht Krach“ lautet das Wahlkampfmotto des SPD-Spitzenkandidaten in Berlin.

© Anna Thewalt

Berlins Stimme sei in der Bundespolitik kaum zu hören. Zu vielen Themen beziehe Wegner keine klaren Positionen im Interesse der Berlinerinnen und Berliner. Nach seiner Einschätzung könne Berlin in vielen Bereichen Vorbild sein, so Krach, etwa bei Gesundheitsversorgung, Infrastruktur, Sicherheit und Sauberkeit oder bei Innovationen. „Und da braucht man mehr Kraft und ein starkes Statement aus dem Roten Rathaus.“ 

Ich hab richtig Bock auf Wahlkampf.

Steffen Krach, designierter SPD-Spitzenkandidat für die Berlin-Wahl 2026

Dass der Kampf ums Rote Rathaus für ihn ab jetzt beginnt, machte er mehr als deutlich: „Ich hab richtig Bock auf Wahlkampf, mir macht Wahlkampf Spaß“, sagte er und erntete dafür Applaus. Bis zur Wahl seien es noch 384 Tage – ab heute „geht es los“. Er werde noch bis Jahresende in allen Berliner Wahlkreisen sein, um mit vielen Menschen ins Gespräch zu kommen.

Krach ist in Berlin nicht ganz unbekannt: Von 2014 bis 2021 war er in Berlin Staatssekretär für Wissenschaft. „Das ist hier mein Zuhause“, sagte er. Er habe zwei Zuhause, seinen Geburtsort Hannover und Berlin. „Ich glaube, da geht es mir so wie ganz vielen Menschen in Berlin, die auch einen Geburtsort haben und jetzt hier ein Zuhause und eine Heimat“, sagte er.

Bild der Geschlossenheit: Der SPD-Spitzenkandidat Steffen Krach steht eingerahmt von den SPD-Landesvorsitzenden Nicola Böcker-Giannini und Martin Hikel sowie Bürgermeisterin und Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey und Berlins SPD-Fraktionschef Raed Saleh.

© dpa/Britta Pedersen

Die Parteivorsitzenden Nicola Böcker-Giannini und Martin Hikel bezeichneten Krach als „perfekten Kandidaten“ und „echten Gewinnertypen“. Auch Berlins Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey und SPD-Fraktionschef Raed Saleh äußerten sich unterstützend. Wenn die SPD es schaffe, zusammenzustehen, könne man alles schaffen, sagte Giffey. Für den jetzigen Schritt sei es nötig gewesen, „dass einige von uns eigene Ambitionen auch zurückstellen, das haben wir getan“, sagte sie mit Blick auch auf ihr eigenes Interesse an einer erneuten Kandidatur. Auch Saleh sagte, er sei „fein“ mit der Entscheidung.

Schulessen, Tempelhofer Feld, Wohnraum

Zu Beginn angriffslustig, zeigte sich Krach bei inhaltlichen Fragen deutlich ausgleichender. Zum Thema Vergesellschaftung sagte er, es habe ich den vergangenen Jahren und Jahrzehnten „Unwuchten“ gegeben, etwa beim Wohnraum. Hier brauche es Lösungen, weswegen es wichtig sei, dass das Thema auch im Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD stehe.

Mit Blick auf eine mögliche Bebauung des Tempelhofer Feldes sagte er: „Wenn jemand glaubt, mit einer Bebauung welcher Form auch immer vom Tempelhofer Feld, seien die Wohnungsprobleme in der Hauptstadt gelöst, der irrt“, sagte er. Zunächst müsse die Politik schauen, wie das Feld noch lebenswerter gestaltet werden könne, etwas mit mehr Schattenplätzen. Irgendwann könne man auch über einzelne Wohnungsbauprojekte sprechen. Aber klar sei, dass es einen gültigen Volksentscheid gebe – der Senat könne keinen neuen Volksentscheid entscheiden, das müsse aus der Bevölkerung herauskommen.

Bei dem Streitthema kostenloses Schulmittagessen, das in der Berliner SPD mehrfach zu Kontroversen führte, verwies Krach einfach auf die Bundesebene. „Ich würde mich natürlich freuen, wenn die Bundesregierung das finanziert“, sagte Krach. Immerhin sei das Thema nun auch Beschlusslage seiner Bundespartei. Wenn aber von der Bundesebene keine Unterstützung komme, solle nicht der erste Schritt sein, bei den Familien zu gucken, was man dort einsparen könne.

Wegner reagiert gelassen – und mit eigenen Spitzen

Während Krach bei seinem Termin direkt in den Wahlkampfmodus ging, äußerte sich der attackierte Kai Wegner zeitgleich ganz anders. Mit dem Wahlkampf wolle er noch nicht loslegen, beteuerte Berlins Regierungschef mehrfach während seiner Sommer-Pressekonferenz am Montag – die er parallel zum SPD-Pressetermin anberaumt hatte. „Ich glaube, worauf die Berliner überhaupt nicht warten, ist, dass jetzt der Wahlkampf schon beginnt.“

Er habe vor, mit der Koalition weiter an den Problemen der Stadt zu arbeiten, sagte Wegner. Der Wahlkampf komme noch früh genug, und es werde „ein heftiger“.

Lud zeitgleich zur Vorstellung des SPD-Kandidaten zur Sommer-Pressekonferenz: Kai Wegner (CDU), Regierender Bürgermeister von Berlin.

© dpa/Bernd von Jutrczenka

Wie heftig, war spätestens klar, als ein Journalist während der Pressekonferenz zitierte, wie SPD-Spitzenkandidat Steffen Krach die Arbeit des Regierenden als ambitionslos und halbherzig kritisiert hatte. „Alle meine Vorgänger mit SPD-Parteibuch haben eine Verwaltungsreform nicht hingekriegt“, konterte Wegner. Die Berlinerinnen und Berliner müssten das am Ende bewerten. Ambitionslos sei das jedoch nicht.

Er selbst kenne den neuen SPD-Spitzenkandidaten Krach bislang kaum und sei „gespannt auf ein persönliches Kennenlernen“. Vor allem, wo Krach inhaltlich stehe, interessiere ihn, setzte Wegner eine Spitze gegen den bislang noch weitgehend profillosen Sozialdemokraten. „Wir sehen ja, dass es in der Berliner SPD unterschiedliche Auffassungen zu Themen gibt“, sagte der Regierende. „Ich bin sehr gespannt, wie seine Positionierung sein wird und wie sie zur Berliner SPD passen wird.“

Mit Blick auf die zuletzt schwachen Umfragen der Sozialdemokraten spielte Wegner die Bedeutung von Krach als SPD-Spitzenkandidat herunter. „Die Umfragen sind, wie sie sind“, sagte der Regierende auf die Frage nach dem Hauptkontrahenten im Wahlkampf, um anschließend über die Linke zu sprechen.

Regierender Bürgermeister warnt vor „linksideologischer“ Politik

Er sei sehr gespannt, wie sich die Partei aufstellen werde. Und schloss eine Koalition oder Zusammenarbeit mit der Linke nach der Wahl aus. „Das ist eine Linkspartei, die sich radikalisiert hat und die durch stark antisemitische Tendenzen auffällt.“

Schon zuvor machte der Regierende mehrfach deutlich, um welche Richtungsentscheidung es bei der kommenden Abgeordnetenhauswahl gehen werde. Die Stadt müsse den unter CDU-Führung etablierten pragmatischen Kurs fortsetzen. „Was wir nicht brauchen, ist die Rolle rückwärts zu einer linksideologischen Politik in Berlin“, sagte er mit Blick auf eine Koalition aus SPD, Grünen und Linken.

Es sei für ihn „die spannende Frage“, wie sich SPD und Grüne zu einem solchen Bündnis, womöglich gar unter Führung der Linke, positionieren werden. Auch gegen Grüne-Spitzenkandidat Werner Graf gab es vom Regierenden eine Spitze. „Mit der Drogenpolitik, die Herr Graf vorgetragen hat, wird es schwierig mit den Grünen“, sagte er mit Blick auf Grafs Forderungen nach einer liberaleren Drogenpolitik zu einer möglichen Koalition.

Wegner kündigt ersten Entwurf für Berliner Aufgabenkatalog im Herbst an

Daneben sprach Wegner auch über das, wofür er rein formal zur Pressekonferenz geladen hatte: die Arbeit der Koalition. Er freue sich, dass es nach dem Urlaub jetzt wieder losgehe. Es werde ein „ereignisreiches Halbjahr“, sagte Wegner mit Blick auf die kommenden Monate. Die Koalition wolle bei der Verwaltungsreform vorankommen und sie nun in die Verwaltung implementieren. „Wir arbeiten gerade mit Hochdruck am Aufgabenkatalog“. Von den rund 800 unklaren Zuständigkeiten habe man bislang für 90 Prozent eine Lösung. Ein erster Entwurf dafür solle im Herbst vorliegen.

Auch bei den vielen Baustellen in der Stadt müsse endlich etwas passieren. „Die Baustellensituation ist nahezu unerträglich“, sagte Wegner. Er habe kein Verständnis dafür, wenn dort wochenlang nichts passiere. Um das zu ändern, will der Regierende einen Baustellenkoordinator einsetzen, der sich dieses Themas annehme und Baustellen kontrolliere. Passiere zu lange nichts, solle es künftig Sanktionsmöglichkeiten für Senat und Bezirke gegen die Baufirmen geben.

Auch das beim Ersatzneubau der Ringbahnbrücke eingesetzte Bonus-Malus-System will der Regierende bei künftigen Bauprojekten verwenden. Dies solle künftig die „Regel“ sein.

SPD-Spitzenkandidat Steffen Krach beantwortete derweil auf seinem Pressetermin eine Frage, die zuvor indirekt durch den Regierenden gestellt worden war – wann er nach Berlin ziehen werde: Seinen Wohnsitz wolle er 2026 „schnell nach Berlin verlagern“, sagte Krach. 

Bis auf Weiteres wird er aber Regionspräsident in Hannover bleiben. „Ich habe noch ein paar Aufgaben zu lösen“, sagte Krach. Ob und inwiefern er seine Arbeit dort frühzeitig beendet, blieb offen. In den nächsten Tagen werde er dazu Gespräche in Hannover führen, kündigte Krach an. (mit dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })