zum Hauptinhalt

Berlin: Pech im Spiel: Roulette auf Kosten der Bankkunden

"Ich hatte immer höhere Verluste beim Roulette. Anfangs dachte ich noch, ich könne sie ausgleichen, aber am Ende verspielte ich sogar das Geld meiner Kinder", gestand Wolf-Dieter R.

"Ich hatte immer höhere Verluste beim Roulette. Anfangs dachte ich noch, ich könne sie ausgleichen, aber am Ende verspielte ich sogar das Geld meiner Kinder", gestand Wolf-Dieter R. am Dienstag vor dem Schöffengericht. Weil der ehemalige Leiter einer Deutsche-Bank-Filiale es dabei nicht bewenden ließ, sondern auch noch Kundengelder veruntreute und unterschlug, verurteilte ihn der Amtsrichter gestern zu zwei Jahren Gefängnis auf Bewährung.

Der Staatsanwalt hatte den 61-jährigen Ex-Filialleiter in 108 Fällen wegen Untreue, in neun Fällen wegen Unterschlagung, in 69 Fällen wegen Urkundenfälschung und in 63 Fällen wegen Betruges angeklagt.

Es sei der Stress gewesen, der ihn immer wieder in die Spielbank getrieben habe. Nur dort habe er sich entspannen und einen Ausgleich zu seiner aufreibenden Tätigkeit als Filialleiter finden können. Nachdem sich anfangs die Gewinne und Verluste in der Spielbank die Waage gehalten hätten, habe er bald schon keinen Ausweg mehr gesehen, als seine Stellung in der Bank auszunutzen. Zunächst hatte Wolf-Dieter R. auf alte Kunden-Sparbücher, die seit der Währungsreform in einem gesonderten Depot lagen, zurückgegriffen. Er bediente sich auch an Sparbüchern, auf denen seit mehr als 20 Jahren nichts mehr abgehoben worden war, weil er davon ausging, dass die Bankkunden ausgewandert oder verstorben wären. Nachdem auch das nicht mehr ausreichte, erfand er fiktive Kunden, denen er großzügige Kredite einräumte. Die Beträge in Höhe bis zu einhunderttausend Mark ließ er sich selbst auszahlen. Am Ende schreckte Wolf-Dieter R. nicht einmal mehr davor zurück, Kunden, die ihn baten, Wertpapiere aus dem Schließfach zu holen, mit Taschenspielertricks um ihre Investmentpapiere zu betrügen.

"Ich glaubte, dass ich irgendwann gewinnen würde und die fehlenden Beträge wieder ausgleichen könnte", sagte Angeklagte, der oft die Mittagspausen für einen Abstecher in die Spielbank nutzte. Schließlich flogen die Unterschlagungen auf. Ein vom Angeklagten bereits abgeschriebener Kunde meldete sich überraschend und erkundigte sich nach seinem Kontostand. Weil dieser dem Mann viel zu niedrig erschien, informierte er die Revisionsabteilung der Bank und Wolf-Dieter R. wurde zur Rede gestellt. Nachdem er seine Spielsucht und die Unterschlagungen zugegeben hatte, wurde er fristlos gekündigt.

Dennoch kam auch die Bank nicht ohne Rüffel davon: In der Urteilsbegründung erklärte der Richter, die Strafe sei deshalb so milde ausgefallen, weil es die Bank dem Angeklagten allzu leicht gemacht habe. Ausserdem berücksichtigten der Richter zu seinen Gunsten, dass er bereits einen Teil des Geldes zurückgezahlt habe und sich weiterhin um Schadenregulierung bemühe.

Erst im vergangenen Jahr hat das Landgericht einen ehemaligen Filialleiter der Deutschen Bank wegen Betruges zu drei Jahren und drei Monaten Gefängnis verurteilt worden. Der 31-jährige Banker hatte sich von seinen Kunden innerhalb von neun Monaten rund 5,6 Millionen Mark geliehen. Doch statt sie, wie versprochen, gewinnbringend anzulegen, trug er einen großen Teil in die Spielbank.

Peter Murakami

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false