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Berlin: Pisa: Berlin bietet mehr Chancen

Leichterer Zugang zum Gymnasium – über die Fähigkeiten aber sagt das nichts

Berlin kann sich ausnahmsweise freuen: Im Vergleich mit den anderen Bundesländern haben es Berliner Kinder aus Facharbeiterfamilien wesentlich leichter, auf eine Schule zu kommen, die zum Abitur führt. Dies geht aus der neuesten PisaAuswertung hervor, die am Donnerstag veröffentlich werden soll. Demnach liegt die Chance eines 15-jährigen Schülers aus der Oberschicht in Berlin um das 2,6-fache höher, in einen gymnasialen Bildungsgang zu kommen, als die eines gleichaltrigen Schülers aus einer Facharbeiterfamilie. Zum Vergleich: In Bayern liegt dieses Verhälnis bei 6,7, in Sachsen-Anhalt bei 6,2, in Nordrhein-Westfalen bei 4,4, in Hamburg bei 3,6. Nur in Niedersachen (2,6) und Brandenburg (2,4) ist die Chancenverteilung günstiger als in Berlin, wenn man die OECD-Erhebung zugrunde legt.

Die Bewertung dieser Zahlen ist allerdings nicht ganz einfach, da sie im Zusammenhang mit anderen Pisa-Erhebungen gesehen werden müssen. Und die besagen, dass Schüler aller Schichten in Bayern und Sachsen-Anhalt wesentlich mehr wissen als Berliner oder Brandenburger Kinder. Berlin und Brandenburg „erkaufen“ sich ihren höheren Gymnasiasten-Anteil also damit, dass sie bei den Leistungsanforderungen Abstriche machen. Aber noch aus einem anderen Grunde sind die jetzt vorab bekannt gewordenen Teilergebnisse mit Vorsicht zu genießen. So zählt die OECD auch 15-Jährige, die eine Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe besuchen, als „Gymnasiasten“ – und das, obwohl es viele Gesamtschulen gibt, die nur einen Bruchteil ihrer Schüler zum Abitur führen. Was hier alsVorsprung bei der Chancengleichheit zu Buche schlägt, ist also nur bedingt einer. Anders ausgedrückt: Bayerische Hauptschüler haben oftmals einen viel besseren Wissensstand als Berliner Gesamtschüler. Aber die OECD verbucht bereits den Besuch der Gesamtschule mit Oberstufe als Erfolg.

Dies kritisierte gestern denn auch der Bildungsfachmann der Berliner CDU, Gerhard Schmid. Hohe Leistung sei doch wichtiger für die Lebenschancen als die Schulform, betonte Schmid. Schließlich könne auch in Bayern ein Schüler mit guten Leistungen nach der 10. Klasse immer noch auf eine gymnasiale Oberstufe wechseln.

Auch der Philologenverband warnte gestern davor, die tröpfchenweise bekannt werdenden Pisa-Ergebnisse vorschnell zu werten. Der Verband nannte es eine „tendenziöse Interpretation“, wenn jetzt behauptet werde, dass die soziale Herkunft noch stärker als bisher über die Bildungschancen entscheide.

Bildungssenator Klaus Böger (SPD) begrüßte die Pisa-Ergebnisse, da sie zeigten, dass Berlins Politik in die richtige Richtung gehe. Es müsse aber weiter daran gearbeitet werden, dass der Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und schulischem Erfolg weiter aufgelöst werde: „Niemand kann wollen, dass Schulabschlüsse quasi vererbt werden. Kinder gleich welcher Herkunft verdienen gleiche Chancen“. Begabungsreserven dürften nicht verschenkt werden, nur weil Kinder aus bildungsfernen Schichten stammten. (Seite 26) sve

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