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Berlin: Plakat-Aktion: CONTRA von Stephan Wiehler

Das ist also die Sommerbotschaft 2001: "Den holocaust hat es nie gegeben." Und dazu erst die schöne Aussicht.

Das ist also die Sommerbotschaft 2001: "Den holocaust hat es nie gegeben." Und dazu erst die schöne Aussicht. Still ruht der See. Der Berg ruft. Da kommt Urlaubsstimmung auf, Sehnsucht nach dem Obersalzberg. Fehlt nur noch das Teehaus des "Führers". Oder hat es den etwa auch nicht gegeben? Aber halt! Wir haben das Kleingedruckte noch nicht gelesen: Mit der Plakataktion ruft der Förderverein zur Errichtung des Holocaust-Denkmals zu Spenden auf.

Zum Thema Ted: Ist die Holocaust-Leugnung geeignet, um Spenden für das Mahnmal zu sammeln? Nach dem Strafgesetzbuch gilt es als Volksverhetzung, den millionenfachen Mord an Juden im Nationalsozialismus zu leugnen. Niemand wird den Förderern des Holocaust-Denkmals ernsthaft diese Absicht unterstellen können. Aber man sollte erwarten, dass sie mehr Sensibilität für ihr Thema aufbringen als ein Werbeteam, dem jeder Effekt, der den Erfolg einer Kampagne zu versprechen scheint, willkommen ist.

Die Auschwitz-Lüge als Hingucker, als Aufreger - in der mit Phrasen übersättigten Medienwelt hat sich der Tabu-Bruch als letzte verlässliche Masche erwiesen, Portemonnaies und Spenderherzen zu öffnen. Der Holocaust, die Massenherstellung von Leichen in den Gaskammern der Konzentrationslager, ist aus der Sicht seiner Vermarkter ein Produkt wie Seife oder was sich sonst aus Menschen machen lässt. Statt ein Bild zu zeigen, das wirklich verstört - einen Berg Schuhe oder Haare oder Zahngold -, fiel den Werbern nur eine alpine Idylle ein, wie sie ebenso zu Joghurt und Dosenmilch passen würde. Da wird bei achtlosen Passanten wohl nicht viel mehr als die Botschaft ankommen: "Den holocaust hat es nie gegeben." Angenehmer als die historische Wahrheit wäre das allemal. Denn die ist und bleibt für viele von uns ohnehin viel zu ungeheuerlich, um sie annehmen zu können.

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