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Berlin: Platz da! Bonner Ministerien drängt es nach Berlin

Das Hufescharren noch in Bonn verbliebener Bundesminister wird immer lauter. Es soll Richtung Berlin gehen, zumindest müsste das Standbein an der Spree stabiler werden.

Das Hufescharren noch in Bonn verbliebener Bundesminister wird immer lauter. Es soll Richtung Berlin gehen, zumindest müsste das Standbein an der Spree stabiler werden. Nach Vorstößen von Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping, seinem Vorgänger Volker Rühe und Umweltminister Jürgen Trittin wollen auch Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn und Gesundheitsministerin Ulla Schmidt zweite Dienstsitze in Berlin erweitern.

"Rutschbahneffekt" ist ein Wort, das die Bundesstadt Bonn nervös und die Bundeshauptstadt Berlin selbstbewusster macht. Am Rhein will die Sorge nicht weichen, dass auch die dortigen Ministerien allmählich nach Berlin rutschen, weil ein einziger Dienstsitz praktischer und kostengünstiger ist. Auf 500 Millionen Euro wird der jährliche Mehraufwand für den zweigeteilten Regierungsbetrieb geschätzt. Die Absicht der Ministerien für Bildung und Gesundheit, in neue Räume für ihre Berliner Dienststellen zu investieren, nährt Spekulationen, dass es in der nächsten Legislaturperiode - allen Dementis zum Trotz - doch zur nächsten großen Rutschpartie nach Berlin kommt.

An der Hannoverschen Straße 30 in Mitte sei es jedenfalls "knallvoll bis unters Dach", sagt Sabine Baun, die Sprecherin des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Der Platz der ehemaligen Ständigen Vertretung des Bundes in der DDR reicht auch mit dem Erweiterungsbau nicht mehr aus. Unter anderem brauchen bisherige Pendler neue Büroräume, und die glaube man im "Dreispitzhaus" an der Friedrichstraße gefunden zu haben. Der alte Standort bleibe erhalten. Ministerin Edelgard Bulmahn soll dem Personal kürzlich mitgeteilt haben, dass die Berliner Dienststelle in dieser Legislaturperiode nicht weiter ausgebaut wird. Die Sprecherin wies aber auch darauf hin, dass die zweiten Dienstsitze in Berlin bis zu 25 Prozent der Mitarbeiter eines Ministeriums aufnehmen könnten. Hier seien erst knapp zehn Prozent ausgeschöpft. Neue Büroräume will auch das Bundesministerium für Gesundheit einrichten, das mit seiner Berliner Dienststelle bislang drei Häuser an der Mohrenstraße besetzt. Um besser arbeiten zu können, soll an der Stresemannstraße in Nähe zum Potsdamer Platz ein größerer Altbau bezogen werden. Man habe aber "nicht die Absicht, mit dem Mutterhaus umzuziehen", versichert Andrea Jozefini vom Gesundheitsministerium. "Es ist nur ein neues Quartier für die Berliner Mitarbeiter."

Und doch gilt es als offenes Geheimnis, dass in allen Ministerien auf längere Sicht nur noch mit einem einzigen Sitz in Berlin gerechnet wird. Einen Hauptsitz in Bonn und lediglich Dienststellen in Berlin haben neben dem Bildungs- und dem Gesundheitsministerium das Bundesverteidigungs-, das Verbraucherschutz- und Landwirtschaftsministerium, das Umwelt- sowie das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Auch die Hauptsitze in Berlin unterhalten Dienststellen in Bonn. Am Rhein arbeiten noch immer mehr als 11 000 Bundesbedienstete, während es in Berlin knapp über 8000 sind.

Im Bonn-Berlin-Gesetz ist eine "faire Arbeitsteilung" vereinbart. Berlin ist für den Kernbereich der Regierungsfunktionen zuständig, Bonn behält die meisten Arbeitsplätze. Das Land könne sich zwei Regierungsstandorte auf Dauer nicht leisten, sagte Gerhard Schröder 1995, als er noch Ministerpräsident in Niedersachsen war. Als Kanzler steht er hinter dem Kompromiss.

Christian van Lessen

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