zum Hauptinhalt
Bodo Ramelow und Matthias Platzeck

© Montage / Tagesspiegel/dpa; IMAGO/M. Popow

Platzeck und Ramelow sollen schlichten: Streikpause bis 10. April – so geht es jetzt im BVG-Tarifstreit weiter

Der Tarifkonflikt wird geschlichtet: BVG und Verdi wählten die früheren Ministerpräsidenten Platzeck und Ramelow. Scheitert das Vorhaben, wird unbefristet gestreikt.

Stand:

Die Hoffnung der Berliner Fahrgäste ruht jetzt auf zwei Männern: Die Gewerkschaft Verdi und die Berliner Verkehrsbetriebe haben die ehemaligen Ministerpräsidenten von Brandenburg und Thüringen, Matthias Platzeck und Bodo Ramelow als Schlichter bestimmt. Das teilten beide Seiten am Donnerstagmittag auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit.

Das Duo soll Tarifkonflikt um mehr Lohn für die 16.600 Mitarbeiter der BVG lösen. In der vergangenen Woche waren die Gespräche gescheitert. Seit Mitte Januar hatte es fünf Warnstreiks gegeben. Der aktuell laufende Ausstand wird nicht vorzeitig abgebrochen. Verdi begründete das so: Es sei zu schwierig, die Streikenden zusammenzurufen. Bis diese an ihren Arbeitsstellen seien, sei es vermutlich zu spät und damit sinnlos.

Matthias Platzeck war von 2002 bis 2013 Ministerpräsident von Brandenburg.

© dpa/Soeren Stache

Die BVG-Vorständin Jenny Zeller-Grothe wollte diese Argumente nicht kommentieren. Der Warnstreik läuft also erst am Freitag früh um 3 Uhr aus.

Streikpause bis zum 10. April

Während der Schlichtung gilt eine Friedenspflicht, es darf also nicht gestreikt werden. Nun gilt das Prinzip Hoffnung. „Wir gehen in die Schlichtung. Das ist eine gute Nachricht für unsere Mitarbeitenden und alle Berlinerinnen und Berliner“, sagte Jenny Zeller-Grothe, Vorständin Personal und Soziales und Verhandlungsführerin der BVG.

Gewerkschaftsführer Arndt sagte: „Die Schlichtung ermöglicht einen nüchternen Blick auf die Interessen der Verhandlungsparteien. Es ist gut, dass wir mit Unterstützung der Schlichter jetzt versuchen, eine gemeinsame Perspektive zu entwickeln, was die Arbeit der BVG-Beschäftigten heute wert sein sollte.“

Bodo Ramelow war von 2014 bis 2024 Ministerpräsident von Thüringen.

© IMAGO//Florian Gaertner

Die beiden ehemaligen Ministerpräsidenten haben schon gemeinsam schwierige Konflikte zwischen Tarifparteien gelöst, lobten beide Seiten am Donnerstag.

Für die BVG ist dieses Verfahren eine Premiere. In anderen Konflikten, auch im Nahverkehr, gab es in den letzten Jahren mehrfach Schlichtungen. Seit Januar hatte es sechs Verhandlungsrunden gegeben, bei denen die BVG vier, immer weiter verbesserte Angebote vorlegte. Verdi hatte sich kompromisslos gegeben, auf den Forderungen beharrt und jede Runde mit einem Warnstreik quittiert. Die ersten beiden Streiks dauerten einen Tag, seitdem waren es immer 48 Stunden.

BVG-Verhandlungsführerin Jenny Zeller-Grothe und Verdi-Verhandlungsführer Jeremy Arndt.

© Jörn Hasselmann

Am 21. März war das von Verdi im Februar gesetzte Ultimatum ausgelaufen. Als die BVG an diesem Tag kein neues Angebot vorlegte, erklärte Verdi die Tarifverhandlungen für gescheitert. Die BVG forderte die Arbeitnehmer noch am selben Tag zu einer Schlichtung auf. Seitdem wurden die Modalitäten vereinbart und Schlichter gesucht.

Streitschlichter sind über 60 Jahre

Beide Politiker haben den Auftrag angenommen. Der 69-jährige Ramelow (Linke) ist seit März 2025 Vizepräsident des Deutschen Bundestages. Der 71 Jahre alte Platzeck war von 2002 bis 2013 Ministerpräsident von Brandenburg und kurzzeitig SPD-Parteivorsitzender. Beide hatten 2015 und 2017 gemeinsam geschafft, den bundesweiten Tarifkonflikt bei der Deutschen Bahn zu lösen. Der Streit mit der Gewerkschaft der Lokführer war damals dramatisch eskaliert.

Verdi fordert 750 Euro mehr Lohn im Monat und eine drastische Erhöhung der Zulagen bei nur einem Jahr Laufzeit. Zusammen wären das für jeden der 16.600 Beschäftigten etwa 1000 Euro mehr im Monat. Dies würde das landeseigene Unternehmen 250 Millionen Euro im Jahr kosten – was die BVG von Beginn an als unfinanzierbar zurückgewiesen hatte. Schon die bisherigen Zusagen in Höhe von 125 Millionen Euro pro Jahr seien eine Belastung für die Zukunft.

Zuletzt hatte die BVG eine Lohnsteigerung von im Durchschnitt 13,6 Prozent angeboten und bei den Zulagen ein Plus von bis zu 125 Prozent. Dies bei zwei Jahren Laufzeit. Laut BVG erhöhe sich das durchschnittliche Brutto-Monatseinkommen von Fahrern damit um mehr als 600 Euro auf über 4000 Euro bei 39 Stunden Arbeit pro Woche. Bei Beschäftigten, die 37,5 Stunden arbeiten wollen, wären es 500 Euro plus im Monat.

Die Kommission besteht aus zehn Personen, den beiden Schlichtern und jeweils vier Vertretern beider Seiten. Sie sollen eine Lösung finden. Wenn sich beide Seiten einigen, wird eine Empfehlung ausgesprochen für einen neuen Tarif. Diese könnte dann am 10. April in ein dann fünftes Angebot übersetzt werden. Für diesen Tag hatten beide Seiten bereits im Januar eine „optionale“ Verhandlungsrunde geplant. Wenn die Mitglieder der Gewerkschaft und der Aufsichtsrat der BVG zustimmen, steht ein neuer Tarifvertrag.

Kommt keine Einigungsempfehlung zustande, gilt die Schlichtung als gescheitert und die Tarifverhandlungen starten im Prinzip von vorne. Verdi setzt die Urabstimmung für einen unbefristeten Streik unabhängig von der nun vereinbarten Schlichtung fort. Sollte die Schlichtung scheitern, werde es einen unbefristeten Streik geben, betonte Verhandlungsführer Jeremy Arndt am Donnerstag noch einmal.

Beide Politiker haben die zerstrittenen Tarifparteien zu absoluter Vertraulichkeit und Stillschweigen ermahnt, nach dem Motto „Schlichten und Schweigen“. In den vergangenen Wochen waren beide Seiten immer wieder auf unterschiedlichen Wegen mit Argumenten an die Öffentlichkeit gegangen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })