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Berlin: Poker mit dem Polizeipräsidenten: Werthebach bietet ein Jahr

Das Land Berlin läuft Gefahr, im Herbst ohne Polizeipräsidenten dazustehen. Im Oktober endet die reguläre Amtszeit von Polizeichef Hagen Saberschinsky.

Das Land Berlin läuft Gefahr, im Herbst ohne Polizeipräsidenten dazustehen. Im Oktober endet die reguläre Amtszeit von Polizeichef Hagen Saberschinsky. Erst gestern kündigte Innensenator Werthebach (CDU) aber Gespräche mit Saberschinsky über eine einjährige Dienstzeitverlängerung an. In politischen Kreisen ist es allerdings ein offenes Geheimnis, daß der knapp 60jährige Polizeipräsident eine fünfjährige Verlängerung haben möchte - oder keine. Sollte Saberschinsky sich gegen das Zusatzjahr entscheiden, müßte die Koalition sich im Wahlkampf und mitten im Regierungsumzug über einen neuen Polizeipräsidenten verständigen.

Die CDU im Abgeordnetenhaus legt es - anders offenbar als Werthebach - nicht unbedingt darauf an, den ihr nahestehenden Saberschinsky im Amt zu halten. Man könne sowohl mit einer neuen Pensionsregelung für den Präsidenten als auch "mit der Wahl eines Nachfolgers" leben, sagte der innenpolitische Fraktionssprecher Roland Gewalt gegenüber dem Tagesspiegel. Für einen Nachfolger könnte man sich notfalls auch schnell entscheiden, erklärte Gewalt.

Saberschinsky steckt in einem selbst verursachten Dilemma. Da er Polizist ist, müßte er wie alle Polizeibeamten mit 60 in Pension gehen - eine Regelung, die auf seine Initiative hin erst Anfang der 90er Jahre für das Amt des Polizeipräsidenten eingeführt worden war. Jetzt möchte er sie vom Tisch haben. Er will bis 65 weitermachen. Bisher schien auch sein Senator Werthebach diesen Wunsch zu unterstützen. Gestern wurde aber nur noch von einer einjährigen Verlängerung geredet, wie sie beamtenrechtlich im Moment einzig möglich ist.

Zwar hat der Senat einen Gesetzentwurf eingebracht, der den Polizeipräsidenten (und die Generalstaatsanwälte) zum politischen Beamten mit 65-Jahre-Pension machen will. Aber mit einer Verabschiedung in dieser Legislaturperiode ist nicht mehr zu rechnen. Und Saberschinsky hätte wohl ohnehin nichts davon. Keine Partei ist bereit, dem Präsidenten soweit entgegenzukommen, daß sie ihm erneut mit einer "Lex-Saberschinsky" das Pensionsalter zurechtschneidern würde. "Weder wir noch die Sozialdemokraten wollen eine Lex-Saberschinsky", sagte Gewalt zum Tagesspiegel. Eine neue Pensionsregelung müßte schon "über die Person des Präsidenten hinausgehen" und die Führungsebene der Polizei umfassen, erklärte Gewalt.

Darin trifft er sich mit dem Ex-Polizeipräsidenten Schertz, der gegenüber dem Tagesspiegel vehement für eine 65-Jahre-Altersgrenze in der Führungsetage der Polizei plädierte. Die 60-Jahre-Pension solle auf den "Frontdienst" bei der Polizei beschränkt werden, sagte Schertz. In beiden Koalitionsparteien ist offenbar das Hauptproblem, daß weder der Innensenator noch der Polizeipräsident sich dort detalliert über ihre Vorstellungen geäußert haben - eine "Unverschämtheit", wie die innenpolitische SPD-Sprecherin Heidemarie Fischer findet. "Wenn Saberschinsky sich erklärte und seine Gründe darlegte, würde man auch darüber reden", sagte sie, vor allem über ein zusätzliches Jahr. "Aber will Saberschinsky das überhaupt", fragte Fischer. Die Frage ist offen. Saberschinsky schweigt.

HANS TOEPPEN

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