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Verurteilt. Jihad C., Vedat S., Ahmad el A., Mustafa U. (v. links nach rechts). Sie stürmten am 6. März das Poker-Turnier im Hyatt-Hotel und erbeuteten 242 000 Euro. Fotos: ddp

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Berlin: Pokerräuber müssen mehrere Jahre ins Gefängnis

Gericht verhängte „deutliche Strafen für Schwerstkriminalität“. Nun sollen sie als Zeugen gegen Hintermänner des Coups aussagen

Für Milde sah das Gericht keinen Anlass. „Der Raub war eine Tat der Schwerstkriminalität“, unterstrich Richter Helmut Schweckendieck am Donnerstag. Die vier jungen Männer, die am 6. März das internationale Pokerturnier im Hotel Hyatt am Potsdamer Platz überfielen, müssen hinter Gitter. Gegen den mit 21 Jahren ältesten Angeklagten ergingen drei Jahre und neun Monate Haft. Seine Mittäter sollen für je dreieinhalb Jahre ins Gefängnis.

Vedat S., Ahmad El-A., Jihad C. und Mustafa U. waren maskiert und mit Gebrüll in die Pokerrunde gestürmt. Einer schwang eine Machete, ein anderer trug eine Schreckschusspistole. Hitzköpfe mit Vorstrafen und ohne Beruf, die das Risiko nicht scheuten: Ein Raub vor laufender Kamera und vor den Augen hunderter Zeugen. Die Instruktionen hatten sie kurz zuvor erhalten. „Sie wurden von mindestens zwei Hintermännern ausgenutzt“, sagte Schweckendieck. Das aber hätten sie schnell und gerne getan. „Sie waren gierig auf eine Million Euro und wollten coole Helden im Kiez sein.“

Es wurde ein dilettantisches Ganovenstück mit drei leicht verletzten Opfern. Vedat S. und Ahmad El-A. stopften Scheine aus dem Tresor in eine Laptoptasche und in ihre Hosen. 690 000 Euro waren es. Doch ein Wachmann brachte Vedat S. zu Boden, ein Hotel-Praktikant griff die Tasche. Die Räuber entkamen mit 242 000 Euro. Das Geld wurde in einer Tiefgarage in Friedenau geteilt.

Mustafa U. hatte nach seiner Festnahme 4000 Euro auf den Tisch gelegt. Vom Rest der Beute aber fehlt bis heute jede Spur. Die vier Räuber hatten zwar Geständnisse abgelegt, zum Verbleib des Geldes aber geschwiegen. Angeblich haben sie „keinen Zugriff“ auf die Beute. Die Ermittler gehen davon aus, dass jeder der vier Angeklagten aus Kreuzberg und Neukölln 40 000 Euro bekam.

Das Quartett hatte auch vor Gericht schlechte Karten. „Es ist erzieherisch geboten, auf eine so schwere Tat mit deutlichen Strafen zu reagieren“, hieß es im Urteil. Die höchste Strafe erging gegen Vedat S., der als Einziger nicht nach Jugendstrafrecht beurteilt wurde. Er hatte sich als Erster gestellt und die drei jüngeren Komplizen verraten. Da gab es bereits einen Haftbefehl gegen ihn. S. habe „in der Notsituation den Strohhalm der Kronzeugenregelung ergriffen“, sagte der Richter. Drahtzieher verriet er aber nicht.

Mustafa U. ist unter anderem wegen achtfachen Raubes vorbestraft. „Der Knast hatte bei Ihnen keine Wirkung“, hielt ihm Schweckendieck vor. U. aber nannte als Erster einen mutmaßlichen Hintermann: Ibrahim El-M., ein 29-jähriger Onkel des beteiligten Räubers Jihad C. Nur der 20-jährige U. erwähnte vor Gericht den Onkel. „Das war mutig“, lobte der Richter. Damit kam auch U. in den Genuss der Kronzeugenregelung.

Die Staatsanwaltschaft hatte Haftstrafen zwischen vier und fünf Jahren verlangt, die Verteidigung zumeist Bewährung. Dass sie im Gefängnis bleiben müssen, nahmen die Räuber gelassen hin. Ob ihre Anwälte Revision einlegen, ist offen. Der Bundesgerichtshof würde das Urteil vermutlich nicht beanstanden, überlegte ein Verteidiger. Den Räubern steht wohl Mitte August ein weiterer Termin im Gericht bevor: Als Zeugen im Prozess gegen El-M. und den 31-jährigen Mohammed A-C., der mit am Pokertisch gesessen und das Signal zum Losschlagen gegeben haben soll. Kerstin Gehrke

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