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Politiker: Keine Pariser Verhältnisse herbeireden

Berliner Politiker haben angesichts der Jugendkrawalle in Frankreich davor gewarnt, Pariser Verhältnisse in der Hauptstadt herbeizureden.

Berlin - Berlins Integrationsbeauftragter Günter Piening sagte: «Es ist nicht ausschließen, dass in Berlin einzelne Gruppen mit oder ohne Migrationshintergrund zu Nachahmungstaten ermuntert werden. Es ist aber auszuschließen, dass aus einem solchen Funken ein Flächenbrand wie in Frankreich wird.» Die Berliner CDU mahnte, nicht in Panik zu verfallen. Es dürfe aber nicht unterschätzt werden, dass es auch in Berlin einen Nährboden für soziale Eskalation gebe.

Nach Ansicht der Grünen-Fraktion sind die Unruhen in Frankreich aber ein deutliches Alarmzeichen für die europäischen Großstädte. Der Berliner Senat sei weit entfernt von einer erfolgreichen Integrationspolitik, sagte Fraktionschefin Sibyll Klotz. FDP- Abgeordneter Rainer-Michael-Lehmann erklärte, die beste Integration seien Arbeitsplätze.

Piening betonte, die Grunderfahrung Berliner Jugendlicher sei nicht durchgängig von Ausgrenzung geprägt. Auch gebe es in Berlin keine sich selbst überlassenen Vororte. CDU-Generalsekretär Frank Henkel sagte, den Menschen müssten Perspektiven aufgezeigt werden, damit nicht weitere Parallel-Strukturen in Berlin entstünden.

Die Bundesregierung warnte vor voreiligen Rückschlüssen. Die Situation in Deutschland sei nicht mit der in Frankreich vergleichbar, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg am Montag in Berlin. «Wir sollten alle zurückhaltend sein mit voreiligen Schlussfolgerungen und Dramatisierungen.»

Unterdessen hat die Berliner Polizei nach dem Brandanschlag auf fünf Autos in Berlin-Tiergarten in der Nacht zum Montag ihre Streifen in der Hauptstadt verstärkt. Die Präsenz werde erhöht, da nicht ausgeschlossen werden könne, dass es sich um Nachahmungstaten im Zusammenhang mit den Jugendkrawallen in Frankreich handelt, teilte ein Sprecher mit. «Die zusätzlichen Streifenfahrten sind eine Vorbeugemaßnahme.» Der Polizeiliche Staatsschutz ermittelt.

Der Professor für Stadt- und Regionalsoziologie in Berlin, Hartmut Häußermann, machte den Städtebau in Frankreich mitverantwortlich für die dortigen Krawalle. Zudem fehle eine spezielle Integrationspolitik für die ausländischstämmigen Jugendlichen, sagte Häußermann im Deutschlandradio Kultur. Die meist arbeitslosen Jugendlichen würden in den Vorstädten wie Gefangene leben. Das Problem der sozialen Diskriminierung von Zuwanderern gelte für alle westlichen Großstädte.

Diese Ansicht vertrat auch die Politologin Sabine von Oppeln von der Freien Universität Berlin. Sie halte zwar eine soziale Jugendrevolte wie in Frankreich derzeit für unwahrscheinlich, sagte sie in einem dpa-Gespräch. «Wir haben tendenziell dieselben Probleme wie Frankreich mit der hohen Arbeitslosigkeit, der sozialen Spaltung der Gesellschaft und einer geteilten Bildungspolitik, aber noch nicht in der Zuspitzung.» Die soziale Schere klaffe in Frankreich sehr viel weiter auseinander als in Deutschland. (tso/dpa)

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