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Tatortstraße

© ddp

Berliner Polizei: Polizeiarbeit üben in der Tatortstraße

Die "Tatortstraße" der Berliner Polizei in Spandau ist bereits nach einem Jahr zum Erfolgsmodell avanciert. Polizisten können dort in einer der modernsten Einrichtungen Deutschlands Zeugenbefragungen, Spurensicherung und das Auffinden von Verstecken üben.

Das "Café Schimanski" in der "Tatortstraße" ist wohl noch nie von einem regulären Gast besucht worden. In der nach dem von Götz George gespielten TV-Kommissar benannten Lokalität werden auch keine Krimis gedreht, zumal das Café nicht einmal in einer richtigen Straße liegt. Vielmehr dient die Bar der Aus- und Fortbildung von Beamten und liegt im zweiten Stock eines Gebäudes der Zentralen Serviceeinheit der Berliner Polizei in der Spandauer Radelandstraße. Sie ist Teil einer der modernsten "Tatortstraßen" Deutschlands, die seit Jahresbeginn in Betrieb ist.

In den 650 Quadratmeter großen Räumlichkeiten in einem Dachgeschoss wurden neben dem Café unter anderem ein Supermarkt, Kellerverschläge und eine Wohnung detailgetreu nachgebaut. Geübt werden an den insgesamt sieben "Tatörtlichkeiten" etwa die Sicherung von Spuren, das Auffinden von Verstecken oder die Befragung von Zeugen.

"Die Tatortstraße wurde sehr gut angenommen", sagt der Fachbereichsleiter Verbrechensbekämpfung, Abteilung Aus- und Fortbildung, Siegfried Weller. In 120 unterschiedlichen Seminaren und Unterrichten wurden 1620 Beamte sowie Polizeischüler aus- und fortgebildet. Insgesamt 540.000 Euro hat die Behörde für die Ausstattung und den Ausbau der Einrichtung investiert. In den Räumen finden sich unter anderem 26 hochauflösende Kameras. Um den Beamten und Anwärtern etwa bei der Spurensuche im Dunkeln auf die Finger gucken zu können, wurden Infrarotkameras installiert.

Möglichst authentische Situationen schaffen

"In der fast 55 Jahre genutzten alten Tatortstraße haben die Kollegen bei den Übungen immer durch ein Fenster zugeschaut und oft dumme Kommentare abgegeben", sagt Weller. Hierdurch sei es immer wieder zu Ablenkungen gekommen.

Durch die Kameras besteht nun die Möglichkeit, dass die Beamten und Polizeischüler ungestört von äußeren Einflüssen beispielsweise Spuren sichern, die zuvor eigens mit beschlagnahmten Tatwerkzeugen gesetzt wurden. Die anderen Kursteilnehmer haben die Möglichkeit, den Vorgang auf einer großen Leinwand in einem separaten Raum mitzuverfolgen.

"Die Auflösung der Kameras ist so hoch, dass wir sogar einen Fingerabdruck an einer Scheibe heranzoomen können", erläutert Weller. Hierdurch könne sichergestellt werden, dass die Übenden nichts übersehen würden. Auch gibt es verschiedene Beleuchtungsstufen. Wie in realen Einsätzen müssen die Beamten etwa im nachgebauten Keller in der Dunkelheit nur mit der Taschenlampe auf die Suche nach Spuren gehen.

In dem Haus befinden sich ein Autowrack und eine Gartenlaube

Die insgesamt 13 Beamten des Fachbereichs sind nicht nur bei der Aus- und Weiterbildung mit Engagement dabei. Die Polizisten haben auch viel Eigenarbeit in den Ausbau der "Tatortstraße" gesteckt. "Die meisten Möbelstücke sind Spenden von Kollegen", erläutert Weller. Damit die Spurensuche etwa bei Autoaufbrüchen oder Unfällen simuliert werden kann, haben zehn Polizisten ein längs durchgeschnittenes Auto die Treppen hoch in den zweiten Stock getragen. Selbst eine Gartenlaube findet sich unter dem Dach von Haus 2. An ihr wird die Spurensicherung nach Einbrüchen geübt. In der insgesamt 85 Meter langen "Tatortstraße" gibt es auch drei Lehrsäle. In einem laborähnlichen Übungsraum liegt in jeden Schrank ein Spurensicherungsset. Hier lernen vor allem die Polizeianwärter für den mittleren und gehobenen Dienst, wie etwa Fingerabdrücke, DNA-Reste oder andere Spuren richtig gesichert werden. "Denn was nutzt die schönste Spur, wenn der Rechtsanwalt des Verdächtigen sie später wegen eines Fehlers bei der Aufnahme in der Luft zerreißt", gibt Weller zu bedenken.

"Wir versuchen, die Ausbildung so praxisnah wie möglich zu gestalten", fügt der Erste Kriminalhauptkommissar hinzu. Denn auf den Abschnitten würden die jungen Kollegen wegen der Personalknappheit nach dem langjährigen Einstellungsstopp meist sofort in den Einsatz geschickt, betont er. "Da sollen sie gleich richtig mitarbeiten können und nicht nur als 'Achsbeschwerer' in den Streifenwagen mitfahren." (saw/ddp)

Mirko Hertrich

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