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Am 06.09.2019 kamen an der Ecke Invalidenstraße/Ackerstraße vier Menschen bei dem Verkehrsunfall ums Leben.

© Jörg Carstensen/dpa

„Voll beschleunigt und ungebremst“: Gutachter schildert vor Gericht tödlichen SUV-Unfall in Berlin

Im Prozess um den Unfall mit vier Toten im September 2019 hat nun ein technischer Gutachter ausgesagt. Kommende Woche könnten die Plädoyers beginnen.

Der Prozess um den schweren Unfall im September 2019 mit vier Toten geht auf die Schlussphase zu. Das Gaspedal war bis zum Boden durchgetreten, als es zum folgenschweren Unfall mit vier Toten an der Invalidenstraße in Mitte kam.

„Voll beschleunigt und ungebremst“ sei der Porsche in eine Fußgängergruppe gerast, erklärte ein technischer Gutachter am Mittwoch vor dem Landgericht. Was er feststellte, passe mit der Annahme zusammen, dass der Fahrer einen epileptischen Krampfanfall erlitten und die Kontrolle über das Auto verloren habe. 

Vier Fußgänger auf dem Gehweg hatten keine Chance. Unternehmer Michael M. am Steuer seines Porsche Macan, ein hochmotorisierter SUV, raste mit mehr als 100 Stundenkilometern heran. Ein dreijähriger Junge, dessen 64-jährige Großmutter und zwei 28- und 29-jährige Männer starben noch am Unfallort. Der 44-jährige M. muss sich seit rund zwei Monaten wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs verantworten.

Die Anklage wirft ihm vor, am 6. September 2019 seinen Wagen gefahren zu haben, obwohl er wegen einer strukturellen Epilepsie und einer einen Monat zurückliegenden Gehirnoperation nicht in der Lage gewesen sei, das Auto sicher zu führen. Der Vorsitzende Richter kündigte nun an, dass die Plädoyers möglicherweise in der kommenden Woche beginnen könnten.

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Mehrere Ärzte befanden sich im Zeugenstand. Wie wurde Michael M. nach seinem ersten epileptischen Anfall über weitere Risiken für sich und andere aufgeklärt? Was wurde hinsichtlich des Autofahrens verordnet? Eine zentrale Frage ist: War für M. ein epileptischer Krampfanfall vorhersehbar? Die Verteidigung argumentiert unter anderem, dem Angeklagten sei auch nach der Operation kein Fahrverbot erteilt worden.

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Ihm sei lediglich empfohlen worden, für vier Wochen aufs Autofahren zu verzichten. Eine schriftliche Risikoaufklärung habe es nach der OP in der Schweiz nicht gegeben. Die Anwälte äußerten zudem „gravierende Zweifel“ an Aussagen eines Berliner Arztes, bei dem M. damals in Behandlung war. Dieser habe nach dem Unfall die Patientenakte um Notizen zu einer Risikoerklärung erweitert. 

Zu Prozessbeginn Ende Oktober hatte der angeklagte Geschäftsmann erklärt, er habe sechs Monate vor dem Unfall erstmals einen Krampfanfall erlitten und sich in Behandlung begeben. Er sei sich sicher gewesen sein, dass er mit antiepileptischen Medikamenten und der Operation alles getan habe, um einen zweiten Anfall auszuschließen. Fortsetzung: Mittwoch.

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