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Mitte: Jüdische Schüler angegriffen: Prozess gegen zwei Punks

Die Angeklagten bestreiten einen antisemitischen Angriff auf Gymnasiasten einer Jüdischen Oberschule. Sie sind angeblich beim Zigaretten-Schnorren mit den Schülern in einen Streit geraten.

Die Schüler beachteten die fünf Punks nicht weiter, die mit ihren Hunden auf der gegenüberliegenden Straße standen. Eine ganz alltägliche Szene. „Es wirkte nicht unfriedlich“, erinnerte sich gestern ein 16-jähriger Gymnasiast vor dem Amtsgericht Tiergarten. Dort sitzen seit gestern zwei der Punks auf der Anklagebank. Es geht um einen mutmaßlich antisemitischen Übergriff vor der Jüdischen Oberschule in Mitte.

Florian F. ist 27 Jahre alt, Stefan W., der zweite Angeklagte, ist vier Jahre älter. Es sind junge Männer, die seit Jahren haltlos durchs Leben und über Berlins Straßen treiben. Sie haben keine eigene Wohnung, keinen Job und müssen beide mit körperlichen Behinderungen leben. „Das sind ganz, ganz arme Menschen“, sagte die Verteidigerin des Jüngeren. F. lebt seit dem 15. Lebensjahr auf der Straße. Er hatte einen Schlaganfall, ist Epileptiker, hat ein Drogen- und Alkoholproblem. „Er schwört Stein und Bein, dass er überhaupt nichts zu tun hat mit Antisemitismus“, erklärte die Anwältin. Der Mann mit Filzlocken saß neben ihr auf der Anklagebank und schwieg. Seine Verteidigerin beharrt darauf, dass ihr Mandant unschuldig sei. Man habe ihn mit einem anderen Punk verwechselt.

Den Ermittlungen zufolge aber waren es diese beiden Männer, die am 16. Januar pöbelnd vor der Schule standen. Sie sollen zwei Jungen gegen 14.55 Uhr als „Scheißjuden“ und „Drecksjuden“ beschimpft haben. Der ältere Angeklagte soll einen seiner beiden Hunde auf einen 16-Jährigen gehetzt, der Jüngere soll zudem den Hitlergruß gezeigt haben. Die Anklage wirft ihnen versuchte Körperverletzung und Volksverhetzung vor.

Stefan W., ein kräftiger Mann mit kahlem Schädel, gab zu, dass es einen Vorfall vor der Schule gab. Doch er und F. hätten die Jungen nicht antisemitisch beschimpft. Den Streit habe ein anderer „Kollege“ begonnen. „Der wollte Zigaretten schnorren.“ Als jener Punk gegen einen Parkschein-Automaten lief, hätten die Schüler gelacht. „Da hat sich die dumme Aktion leider ergeben.“ Er habe einem Jungen Angst machen wollen, gab W. zu. „Aber doch nicht verletzen!“ Er habe seinen laut bellenden Hund die ganze Zeit am Halsband festgehalten. Und außerdem hätten sie gar nicht gewusst, dass es sich um eine jüdische Schule handele, versicherte W.

Der Hund lief auf den 16-Jährigen zu. „Er hätte mich beinahe gepackt“, sagte der 16-jährige Schüler vor Gericht. Das Tier verfolgte ihn bis zu einer nahe gelegenen Bäckerei, wo er sich in Sicherheit bringen konnte. Zeugen alarmierten sofort die Polizei. Wenig später wurden F. und W. festgenommen. Ruslan G. sagte: „Die Beschimpfungen kamen von diesen beiden Herren.“ Einer der Punks habe seinem Hund befohlen: „Fass!“ Der Prozess wird am 14. April fortgesetzt.

Kerstin Gehrke

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