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Justizia.

© Helmut Vogler

Tötung in Berliner Seniorenresidenz: „Ich wollte ihn sanft erlösen“

Ein 71-Jähriger gesteht vor Gericht die Tötung seines kranken Partners in einer Seniorenresidenz. Es sei aus Verzweiflung geschehen.

Der weißhaarige Mann auf der Anklagebank brach in Tränen aus. „Es war für uns beide die große Liebe, sie hat fast 50 Jahre gedauert“, schluchzte er. Dann versagte ihm die Stimme. Heinz S. ist zum Täter geworden. Der 71-Jährige brachte seinen 69 Jahre alten und schwer kranken Partner in der gemeinsamen Wohnung in einer Seniorenresidenz in Wilmersdorf um. Vor dem Landgericht gestand er nun: „Ich wollte ihn ganz sanft erlösen.“ Die Anklage lautet auf Totschlag.

Heinz S. ist ein schmächtiger, unauffälliger Mann. Als studierter Techniker arbeitete er zuletzt an einer Hochschule. Er sei glücklich mit Jürg L., seinem eingetragenen Lebenspartner gewesen, begann er seine Aussage. Als sich dessen Gesundheitszustand ab 2012 „dramatisch verschlechterte“, habe er den Geliebten selbstverständlich gepflegt. „Er verabscheute es, fremde Leute an sich heranzulassen.“

Totale Überforderung

Eine atypische Form von Parkinson wurde diagnostiziert. Mehr und mehr sei sein Partner auf Hilfe angewiesen gewesen, so der Angeklagte. Zuletzt habe er meist starr im Sessel gesessen. „Als er noch sprechen konnte, sagte er einmal, er fühle sich wie in einem Käfig, der immer enger wird“, schilderte der Angeklagte. Er selbst habe sich mit aller Kraft um den Partner gekümmert. „Dass ich total überfordert war, ignorierte ich.“

Ein Paar, das finanziell keine Probleme hatte. Professionelle Pflege hätten die Männer sofort in Anspruch nehmen können. Im November 2016 kam es zwar zu ersten Gesprächen mit einem ambulanten Pflegedienst. Doch an dem Wendepunkt scheiterte der Angeklagte. „Heute weiß ich, dass ich fremde Hilfe hätte annehmen müssen.“

Er wollte beiden das Leben nehmen

Die Verzweiflung nahm in der Nacht zum 24. November 2016 überhand. „Ich wusste, dass mein Partner so nicht mehr weiterleben wollte“, sagte der Angeklagte. Und er selbst sei am Ende seiner Kraft gewesen, habe keinen Ausweg mehr gesehen. „Ich wollte uns beiden das Leben nehmen.“ 

Mehrfach stach er auf den im Bett liegenden Geschädigten ein, zog ihm dann eine Plastiktüte über den Kopf. Bis sich Jürg L. nicht mehr regte. S. sagte nun, er habe L. zuvor Schlaftabletten verabreicht, ihm eigentlich ein Kissen auf das Gesicht drücken wollen. Es sei ihm nicht gelungen. „Aber es gab für mich kein Zurück mehr.“ Auch nicht, als der geliebte Partner schrie und ihn bat, von ihm abzulassen. Als das Drama entdeckt wurde, lag S. mit Schnitten am Handgelenk am Boden. Der Prozess geht Montag weiter.

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