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Computer und Handys stellte die Polizei sicher - aber auch Waffen und vermutlich auch Amphetamine.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Update

Zehn Wohnungen in Berlin durchsucht: Polizei geht gegen Internethetzer vor

Der Polizeiliche Staatsschutz hat am Mittwochmorgen zehn Wohnungen in Berlin durchsucht - es geht um fremdenfeindliche Postings im Internet. Computer und Telefone wurden beschlagnahmt.

Der Polizeiliche Staatsschutz hat am Mittwochmorgen zehn Wohnungen in Berlin durchsucht. Gegen neun Männer im Alter zwischen 22 und 58 Jahren wird wegen fremdenfeindlicher und antisemitischer Volksverhetzung ermittelt, teils auch wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.

Bei den Durchsuchungen wurde reichlich Beweismaterial beschlagnahmt: Computer und Speichermedien, Telefone, ein Tablet. Als Beifang wurden aber auch ein als Taschenlampe getarnter Elektroschocker, vier Messer und zwei Schusswaffen gefunden sowie rund 60 Gramm harte Drogen, vermutlich die Aufputschdroge Amphetamin. Außerdem wurden in mindestens einer Wohnung NS-Devotionalien gefunden.

Die Razzien fanden zeitgleich ab 6 Uhr morgens statt. Insgesamt waren 58 Polizisten beteiligt. Zuvor hatte ein Richter Durchsuchungsbeschlüsse für die Wohnungen ausgestellt. Festnahmen gab es nicht.

Letztes Jahr wurden in Berlin 289 Fälle von Hetze im Netz registriert

Die Beschuldigten sollen in sozialen Netzwerken im Interneet volksverhetzende Kommentare und Bilder gepostet haben. "Zuletzt ist es zu einer extremen Entwicklung bei den Hass-Postings gekommen", sagte Polizeisprecher Stefan Redlich bei der Präsentation der Fundstücke im Polizeipräsidium in Tempelhof. "Es geht gegen Flüchtlinge, Flüchtlingshelfer und Juden", sagte Redlich.

Redlich zufolge gab es im Jahr 2014 in Berlin 196 Fälle von rechtextremistisch motivierter Kriminalität im Internet, im Jahr 2015 mussten schon 289 Fälle registriert werden. In fast jedem zweiten Fall wurde ein Verdächtiger ermittelt, die Aufklärungsquote liegt laut Polizei bei 43 Prozent. "Wir wollen zeigen, dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist. Die Leute können nicht ohne Konsequenzen volksverhetzende Äußerungen tätigen", sagte Redlich. Daher habe man sich zu der "konzertierten Aktion" am Mittwochmorgen entschlossen.

Verdächtige handelten unabhängig voneinander

Die Beschuldigten kennen einander nach Auskunft der Polizei nicht, sie handelten unabhängig voneinander. Unter anderem wurde zur "Schlachtung von Drecks-Zionisten" oder zur Erschießung von "Assys" aufgerufen. Einer der Beschuldigten postete unter einer Diskussion zur Flüchtlingskrise ein Bild von Adolf Hitler mit Hakenkreuzbinde, ein anderer teilte fremdenfeindliches Liedgut.

Die Männer kommen aus Köpenick, Hellersdorf, Marzahn, aus Pankow, Tempelhof und Spandau. Einige Beschuldigte sind zum ersten Mal bei der Polizei aufgefallen. "Einige Beschuldigte kommen tatsächlich aus der Mitte der Gesellschaft", so der Sprecher. Andere sind dem Vernehmen nach einschlägig bekannt, auch Verbindungen ins Hooliganmilieu werden von den Ermittlern geprüft.

Ein Post wurde 40-mal angezeigt

Den Verdächtigen kamen die Ermittler hauptsächlich durch Hinweise und Anzeigen aus der Internetcommunity auf die Schliche. "Teilweise waren sie erstaunlich einfach zu ermitteln", so der Sprecher. Manche Verdächtige hatten demnach mit Klarnamen von ihrem persönlichen Facebook-Account gepostet. Ein Posting war dermaßen daneben, dass hinterher vierzig Anzeigen bei der Polizei eingingen.

Die beschlagnahmten Computer und Telefone müssen nun ausgewertet werden. "Wir müssen den Nachweis führen, dass die Beschuldigten die Hass-Posts tatsächlich von ihren Rechnern und Telefonen verfasst haben", hieß es. Gelinge dies, müssten sich die Beschuldigten auf Geldstrafen von mehreren tausend Euro einstellen.

Die Polizei will in Zukunft verstärkt gegen den Hass im Netz vorgehen. Im letzten Jahr habe man ein Team von "vier externen Internetermittlern" aufgestellt, die die sozialen Netzwerke gezielt nach volksverhetzenden Inhalten durchforsten. "Wir haben vor, im Jahr 2016 fünf weitere Ermittler einzustellen", sagte Redlich. Die Ermittlungen gegen die neun Verdächtigen dauern an.

*** In der ersten Version des Textes hieß es, die Beschuldigten seien festgenommen worden. Dies stimmt nicht und wurde umgehend korrigiert. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen. ***

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