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Polizeigebühr für Hochrisikospiele: Innensenatorin Spranger muss die Berliner Fußballclubs zur Kasse bitten
Das Geschäft mit dem Fußball brummt, die DFL meldet Rekorderlöse. Doch Berlins Innensenatorin will die Clubs nicht an Mehrkosten der Polizei beteiligen. Das wird der Verantwortung für die Stadt nicht gerecht.

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Neulich meldete die Deutsche Fußball Liga GmbH, kurz DFL, einen Rekorderlös. Das Geschäft im Profifußball brummt. Doch Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) lehnt es ab, die Berliner Proficlubs an den Mehrkosten für Polizeieinsätze bei Hochrisikospielen zu beteiligen. Dabei hat das Bundesverfassungsgericht derlei Vorgehen erlaubt. Denn die DFL ist gewinnorientiert und Nutznießer des erhöhten Polizeischutzes.
Die 36 Profi-Fußballclubs der ersten und zweiten Bundesliga erzielten in der Saison 2023/24 einen Umsatz in Höhe von 5,87 Milliarden Euro. Zwölf Prozent mehr als der Bestwert der Saison davor. Am Ende machte die DFL den „bisher höchsten Gewinn in ihrer Geschichte: rund 115 Millionen Euro“. So steht es im Wirtschaftsbericht der DFL zum Geschäft mit König Fußball.
Zur Wahrheit gehört aber auch: Die großen Erlöse machen nur wenige Clubs. Ein Fünftel des Umsatzes der ersten Liga (4,8 Milliarden Euro) macht Rekordmeister Bayern München. In der zweiten Liga ist es weniger rosig. Deren Ergebnis ist negativ, nur acht Clubs haben positive Zahlen.
Um das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu verstehen, hilft ein Blick in den Nordwesten der Republik. Bremen hatte 2015 der DFL erstmals 400.000 Euro für die Kosten des Polizeieinsatzes für eine Partei des SV Werder Bremen mit dem Hamburger SV in Rechnung gestellt. Es war ein Hochrisikospiel wegen rivalisierender Fans.
Vor einem Jahr drohte Spranger noch dem BFC mit Gebühren
Seither haben sich die Bescheide auf mehr als drei Millionen Euro summiert. Es geht nicht um die gesamten Kosten der Polizei, sondern um Mehrkosten, weil wegen gewaltbereiter Fans mehr Polizisten nötig sind. Der SV Werder Bremen erwirtschaftete übrigens in der vergangenen Saison bei einem Umsatz in Höhe von 149,9 Millionen Euro einen Überschuss von 2,2 Millionen Euro.
Und Berlin mit seinem Erstligisten Union und dem Zweitligaclub Hertha? Auch bei ihnen kommt es zu Hochrisikospielen. Seit 2018 gab es in Berlin 49 Hochrisikospiele – davon 19 bei Union, 15 bei Hertha und zwölf bei Viertligist BFC Dynamo, allein fünf davon im vergangenen Jahr. 2024 dann der Rekord von zwölf Hochrisikospielen. Den Mehraufwand für die Polizei begleicht das Land Berlin, also die Steuerzahler.
Die Argumente der Innenverwaltung gegen eine Gebühr sind äußerst dünn und klingen nach Arbeitsverweigerung: Das Urteil aus Karlsruhe lasse zu viele Fragen offen. Viele Vereine, gerade in unteren Ligen, könnten Zusatzkosten nicht leisten und drohten in finanzielle Schieflage zu geraten. Außerdem dürfe es keinen Flickenteppich an Regeln unter den Bundesländern geben, der zu Wettbewerbsnachteilen führe.
Das kategorische Nein, die Ausschließeritis wird der Verantwortung für die ganze Stadt nicht gerecht, gerade in Zeiten rabiaten Sparens – und der Rekorderlöse der DFL.
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Dabei liegen Vorschläge wie ein Polizeikostenfonds der DFL für Hochrisikospiele auf dem Tisch. Einige Bundesländer sind für eine Gebühr, andere überlegen noch, wenige wie Berlin sind dagegen. Auf den Konferenzen der Sport- und Innenminister der Länder wird im Mai und Juni beraten.
Für den Viertligisten BFC Dynamo dürfte jegliche Polizeigebühr schwer zu zahlen sein. Doch wegen des hohen Gutes der Glaubwürdigkeit sei an dies erinnert: Noch vor knapp einem Jahr drohte Spranger selbst dem BFC mit Kosten, weil die Angriffe auf Polizisten bei einem Hochrisikospiel gegen Energie Cottbus schlimmer gewesen seien als am 1. Mai.
Und klar ist doch: Wenn überall in der Stadt gespart werden muss, in der Kultur, bei sozialen Projekten, sogar bei der Polizei, ist Sprangers Gebühren-Absage nicht mehr vermittelbar.
In dieser Lage eine Gebühr auszuschließen, belastet die Legitimität politischen Handelns. Es ist die freiwillige Aufgabe eines Gestaltungsspielraums und jeder Verhandlungsposition der Stärke gegenüber den Clubs. Die könnten das als Freifahrtschein missverstehen, um sich aus der Verantwortung zu stehlen.
Von der Innenverwaltung darf aber zumindest erwartet werden, dass sie Ideen für ein kluges Kostenkonzept sammelt, das dann diskutiert werden kann. Eines, das die Finanzkraft der Vereine berücksichtigt, ohne zu milde zu sein. Das kategorische Nein, die Ausschließeritis, wird der Verantwortung für die ganze Stadt nicht gerecht, gerade in Zeiten rabiaten Sparens – und der Rekorderlöse der DFL.
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