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Postenweg der DDR-Grenzer: Spazieren am Schreckensort

Senat und Anwohner streiten um früheren Postenweg der DDR-Grenzer. Jetzt soll ein Mediationsverfahren folgen, um die Positionen zu vereinen. Lüscher mahnte alle Beteiligten zur Kompromissbereitschaft, da ein solches Verfahren sonst keinen Sinn habe.

Von Fatina Keilani

Wo DDR-Grenzposten einst Patrouille liefen, sollen bald Touristen flanieren. Der Postenweg ist Teil der Gedenkstätte Berliner Mauer; nun soll er nach Nordwesten bis zum Mauerpark verlängert werden. Allerdings gibt es jetzt Streit mit den Anwohnern, denn die sollen einen Teil ihrer Gärten dafür hergeben. Obendrein sollen jenseits des Weges weitere Wohnhäuser gebaut werden. Auch dagegen machen die Anwohner Front – die Häuser sind ihnen zu hoch und zu nah dran. Am Mittwoch nun gab es im parlamentarischen Bauausschuss eine Anhörung zum Thema.

Dort trafen Positionen aufeinander, die schwer miteinander vereinbar sind. Günter Schlusche von der Stiftung Berliner Mauer sprach sich für die „Rückbindung der historischen Ereignisse an den authentischen Ort“ aus. Der Postenweg und auch der drei Meter breite Streifen zwischen dem Weg und der früheren Staatsgrenze der DDR müssten erhalten bleiben, die Bebauung entsprechend weichen.

Volkmar Nickol von der Anwohnerinitiative plädierte hingegen für mehr Flexibilität. Geschichte verlaufe schließlich auch nicht immer geradlinig – der Weg könnte doch auch verlegt werden, schlug er vor. Die geplanten Neubauten auf der anderen Seite des Weges seien höher als erlaubt und verschatteten die Innenhöfe. Er beklagte auch das Verfahren insgesamt und warf dem Senat mangelnden Gestaltungswillen vor.

Der Senat hatte erst im Jahr 2006 sein Gedenkstättenkonzept beschlossen. Als das Bebauungsplanverfahren begann, gab es laut Senatsbaudirektorin Regula Lüscher bereits Baurechte auf dem Areal an der Bernauer Straße. Viele Bauherren hätten dann umgeplant, um den Drei-Meter-Streifen ermöglichen zu können – die Mehrkosten hatte das Land zu tragen. Den Vorwurf, es seien zu hohe und massive Gebäude genehmigt worden, wies sie zurück.

Anwohner haben Angst vor Tausenden von Touristen vorm Fenster

Jetzt soll ein Mediationsverfahren folgen, um die Positionen zu vereinen. Lüscher mahnte alle Beteiligten zur Kompromissbereitschaft, da ein solches Verfahren sonst keinen Sinn habe.

Anwohner fürchten auch, dass sie enteignet werden, wenn es zu keiner Einigung kommt. Danach klang es im Ausschuss nun aber nicht. Kulturstaatssekretär André Schmitz sagte: „90 Prozent der Grundstücke haben wir friedlich gekauft; jetzt reden wir noch mit vier Anwohnern. Schlimmstenfalls müssten wir auf diese vier Grundstücke verzichten. Das wäre schade.“ Schmitz bezeichnete die Gedenkstätte als „wahnsinnig erfolgreich“. Genau das schürt aber eher die Angst der Anwohner, dass Tausende von Touristen ihnen jährlich aus nächster Nähe in die Stube schauen.

Der Grünen-Politiker Andreas Otto hat in dem Streit eine vermittelnde Position eingenommen. Er findet es richtig, den Postenweg zu schaffen; die Dimension der neuen Häuser sieht er aber kritisch. „Man sollte auf Seitenflügel verzichten und nicht so hoch bauen“, schlägt Otto vor. Er kritisierte, dass der Bezirk Mitte Fakten schaffe, indem fortlaufend Baugenehmigungen erteilt würden. Der Bezirk weist das zurück. „Wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, haben wir kein Ermessen und können auch nicht warten. Wir müssen dann die Bauerlaubnis erteilen“, so Stadtrat Ephraim Gothe (SPD). Einen gültigen Bebauungsplan gibt es bis heute nicht. Wunschdatum für die Eröffnung des Postenweges ist der kommende August. Dann jährt sich der Bau der Mauer zum 50. Mal.

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