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Berlin: Premiere im Stasi-Gefängnis

Der 14-jährige Leon Buche schrieb zum Jubiläum eine Sinfonie

Leon ist schwer beschäftigt. Keine Zeit, um mit seinen Freunden schwimmen zu gehen. Für den 14-Jährigen dreht sich derzeit alles um den 17. Juni 1953 und um Musik – seine Musik. Er hat eine Sinfonie über den Aufstand geschrieben. Uraufgeführt wird das Stück vom Filmorchester Babelsberg anlässlich des 50. Jahrestages des Volksaufstandes am 17. Juni im ehemaligen Stasigefängnis in Hohenschönhausen.

Drei Monate schrieb Leon Buche an der Sinfonie. „Verlorenheit“, „Hoffnung“ und „Verzweiflung“ heißen die Titel der drei Sätze. Im ersten Teil will der junge Komponist die Bedrängnis der Arbeiter vor dem Aufstand ausdrücken: dissonante Melodien, gespielt von Trompeten und Oboen, sollen die Unzufriedenheit ausdrücken. Die Hoffnung der Arbeiter, die am 17. Juni überall in der DDR auf die Straßen gingen, symbolisiert der zweite Satz. „Vor allem Streichinstrumente drücken diese fröhliche und zuversichtliche Stimmung unter den Aufständischen aus“, erzählt Leon. Im dritten Satz beschreibt er mit düsteren Klangbildern die Verzweiflung der Arbeiter nach der Niederschlagung des Aufstandes.

Leons schmächtige Gestalt und die kreisrunden Brillengläser erinnern ein wenig an Harry Potter. Dem Romanhelden widmete er auch seine erste Sinfonie. „Als ich das Stück komponierte, habe ich gelernt, welche Instrumente eine bestimmte Stimmung transportieren können“, erzählt der blonde Junge. Er wirkt sehr erwachsen, wenn er über seine Kompositionen spricht.

Der Leiter der „Langen Nacht des 17. Juni 1953“, Günter Jeschonnek, beauftragte Leon Buche, das Sinfonie zu schreiben, nachdem er ein Stück von ihm gehört hatte. Warum interessiert sich ein 14-Jähriger für den 17. Juni? „Zu Hause und in der Schule haben wir viel über den Aufstand gesprochen. Ich kann mir die Stimmung von damals gut vorstellen“, sagt Leon. Sein Vater ist Historiker und hat darüber ein Buch veröffentlicht.

Mit seinen Eltern und seiner jüngeren Schwester Leoni wohnt er in Wildenbruch bei Berlin. Jeden Tag fährt er mit der Bahn in die Stadt. Den Weg nimmt er gern in Kauf, denn auf dem musikbetonten Bach-Gymnasium in der Rheinsberger Straße in Mitte fühlt er sich richtig wohl. Gegenwärtig probt auch das Schulorchester das Stück. Leon Buche spielt dabei selbst den Klavierpart. „In den Schulen, auf denen ich vorher war, war ich immer der Außenseiter“, erzählt Leon.

Er spielt Klavier, seit er vier Jahre alt ist. Mit acht Jahren komponierte er sein erstes Musikstück und begann neben dem Schulbesuch mit dem Klavierstudium an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“. Drei Jahr später bestand er die Aufnahmeprüfung an der Hochschule der Künste. Dort studiert er seither Komposition.

Er ärgert sich, wenn er Wunderkind genannt wird. „Das finde ich doof. Dass ich gut spielen und komponieren kann, liegt vor allem daran, dass ich sehr viel übe.“ Der Junge bewundert Bach und Chopin. Von Pop-Musik hält der Fan der Hörspiel-Detektive TKKG nicht viel: „Manchmal sind zwar auch in den Charts nette Melodien. Doch in klassischer Musik steckt einfach viel mehr.“

Mandy Schielke

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