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Dom Pérignon to go, bitte. Bei „Whatever“ in der Torstraße bieten die Verkäufer nachts gute Tropfen an.

© Doris Spiekermann-Klaas

Premium-Konzept: Edler Schlummertrunk aus dem Späti

Von wegen Billig-Späti: In einem Laden in Mitte gibt es nachts Champagner für 149 Euro.

Wie ein Späti sieht der Laden nicht gerade aus. Spätis, das sind diese eher praktischen als ästhetischen Einrichtungen, wo rund um die Uhr alles von Club Mate über Tabak bis zu diversen Lebensmitteln zu erstehen ist, wenn der nächste Supermarkt schon geschlossen oder der Weg zu weit ist.

Ganz anders das Anfang des Jahres eröffnete „Whatever…“ in Mitte. In großen weißen Lettern prangt der Name mit den drei verheißungsvollen Pünktchen über dem Geschäft mit der verglasten Front in der Torstraße 155. Zeitschriften und Kippen sucht man hier vergebens. Denn an diesem Ort, das merkt man gleich, werden exquisitere Wünsche erfüllt: Champagner, Wein, Whiskey, Birnen-Cider – Hauptsache Alkohol. Hinter der weißen Verkaufstheke im Landhausstil steht jeden Tag von ein Uhr mittags bis ein Uhr nachts die 23-jährige Gülcin Bayat, Besitzerin des „Whatever...“, das Boulevardzeitungen bereits als „ersten Schampus-Späti Berlins“ bezeichneten. „Ob Späti oder Alkoholfachverkauf, die Leute können es nennen, wie sie wollen, das spiegelt auch der Name wieder: whatever“, sagt Bayat mit wegwerfender Geste. „Für mich ist es einfach ein Laden.“

Warum verkauft sie, die selbst bis vor kurzem keinen Tropfen Hochprozentigen angerührt hat, ausgerechnet Alkohol? „Ich habe mich einfach mal umgesehen, was hier noch fehlt“, erklärt Bayat, die die Gegend um die Torstraße gut kennt: Sie ist in Mitte aufgewachsen und ihre Eltern betreiben nur ein paar Häuser weiter einen 24-Stunden-Supermarkt, in dem sie schon von klein auf mitgeholfen hat. Auch viele ihrer Verwandten und Freunde sind selbstständig. „In meinem Umfeld ist es ganz normal, sein eigenes Geschäft zu eröffnen. Ich bin da reingeboren.“

Erst im September 2012 hatte Gülcin Bayat – ein Meter sechzig, lange dunkelbraune Haare, freundliches Lächeln – die Idee mit dem eigenen Laden. Dann ging alles ganz schnell: Sie schrieb ein Konzept, bekam den Zuschlag vom Vermieter und am ersten November die Schlüssel. Es folgten zwei arbeitsintensive Monate: Bayat hat selbst alles ausgesucht, von der antik anmutenden Ladentheke aus den Niederlanden, über die zehn Meter lange Wandkühlung, einer Spezialanfertigung aus der Türkei, bis zur grau melierten Wandfarbe und den sich dekorativ im Fenster stapelnden Holzkisten. „Das sind Originale aus den dreißiger Jahren“, erzählt sie stolz.

Nicht nur die Einrichtung der siebzig Quadratmeter Ladenfläche, vor allem das Sortiment ist mit Bedacht gewählt: „Ich habe jeden der Weine, die ich anbiete, selbst getestet“, erklärt die Berlinerin mit den türkischen Wurzeln. „Aber natürlich nur einen winzigen Schluck“, schiebt sie schnell hinterher. Denn das sind immerhin knapp 400 Sorten. Darunter gibt es viele in der Preiskategorie von sieben bis 15 Euro, aber auch teurere für rund siebzig Euro. Die kostbarste Flasche, die sie momentan im Sortiment hat, ist ein Champagner, der Dom Pérignon für 149 Euro. Ähnlich umfangreich ist die Bierauswahl: Neben den Klassikern finden sich Exoten wie Hanfbier oder Erdbeerbier. Künftig sollen noch diverse Biersorten aus dem Ausland hinzukommen.

Eine Kundin betritt den Laden, vor dem Bierregal zögert sie nicht lange: „Tegernseer Spezial, das musste ich vorher im Internet bestellen. Jetzt habe ich den Laden um die Ecke“, erklärt die Frau, ehe sie um die Ecke zu den Weinregalen verschwindet. „Das Bier aus Süddeutschland kommt bei vielen besonders gut an“, zieht Bayat eine erste Bilanz. Die Kundschaft bestehe gleichermaßen aus Anwohnern und Touristen, einige kämen erst mal zum Gucken und kaufen nichts, ein paar Tage später seien sie aber wieder da. Außerdem kann man bei ihr Bestellwünsche angeben, Bayat weist auf die Schublade, in der schon eine lange Liste liegt. Wahrlich, kein Vergleich zum herkömmlichen Späti.

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