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Berlin: Privat-Vergnügen WERNER SCHNEYDER

Zwei Männer, ein Ziel: die Bühne. Werner Schneyder und Ingolf Lück proben derzeit in Berlin. Schneyder als Schauspieler am Kurfürstendamm. Und Lück gibt erstmals den Regisseur in der „Arena“ in Treptow

Das ist sein großer Wunsch: Einmal noch zeigen, was er kann. Wenn man ihn nur ließe. Stattdessen versauert der politische Kabarettist Witzchen machend auf Firmen-Galas und Betriebsfeiern. Ausgeleiert vom Leben, das Rückgrat angeknackst. Aber dann gibt es diese eine „Galanacht“ und diese eine Frau, für die er sich ins Zeug legt und ihr beweist, was für ein politisches Lästermaul er noch sein kann. Er, das ist Walter Salzmann, Hauptfigur der „Galanacht“, einem Theaterstück, das sich der Wiener Kabarettist Werner Schneyder „aufs Leiberl“ geschrieben hat, und das er „nur“ in Berlin uraufführen wollte. Am Freitag ist im Theater am Kurfürstendamm Premiere.

Dieser Salzmann habe nichts mit ihm zu tun. „Die Figur hat lediglich meinen politischen Humor“, sagt Schneyder. Und weil Schneyder, der große Mann mit den grauen Stoppeln auf dem Kopf, noch immer große Lust dabei empfindet, angeguckt zu werden, spielt er in der Uraufführung der Komödie selbst die Hauptrolle. Vor sechs Jahren hatte er seinen Rücktritt als Kabarettist erklärt. Dass er wieder auf der Bühne steht, „heißt aber nicht, dass ich rückfällig geworden bin“.

Wenn der 66-Jährige das sagt, gehen die Augen, die zu Beginn nur als Schlitze erkennbar waren, weit auseinander. Und dann blicken einen zwei stahlblaue, hellwache Augen an, denen nichts zu entgehen scheint. Da sitzt kein Kabarettrentner, kein Hampelmann für Firmengalas, eher einer, der mal wieder einen neuen Job macht – und zwar mit vollem Körpereinsatz. Jetzt halt ein Theaterstück. Müsste sich Werner Schneyder je arbeitslos melden, wäre er im Prinzip leicht vermittelbar. Kaum einer hat so viel Verschiedenes gemacht: Von der Operette über den Boxring bis zur „Bunten“. Ob als Regisseur, Kommentator oder Schreiber. Er weiß, wie das „Weiße Rössl“ zu wirken hat, er sondert „politische Statements von großer Härte und Schärfe“ (Selbsteinschätzung) ab, und kann überzeugend darlegen, warum Dariusz Michalczewski gegen schlechte, übergewichtige Gegner kämpft und deswegen nie ein großer Boxer sein wird. Es braucht halt richtige Gegner. Für die „Galanacht“ hat sich Schneyder die „deutschen Manager“ ausgesucht. Seine Hauptfigur muss ja vor ihnen Witze machen. Und diesen „deutschen Managern“ attestiert Schneyder eine große Arroganz und „große Herrenallüren“.

Es ist immer ein Kampf. „Können Sie denn nie abschalten?“, werde er häufig gefragt. „Ja schon, aber was genau soll ich abschalten?“, sagt er dann. Er kann doch nicht seine politischen Positionen, zum Beispiel sein Nein zum österreichischen Rechtsausleger Jörg Haider einfach abschalten. Oder sein Nein zum Krieg im Irak, das gehe doch nicht.

Aber muss es immer dieser hartnäckige Kampf sein, auch noch im Alter? „Da müssen Sie meine Gene fragen, dafür bin ich nicht verantwortlich.“ Die Gene also. Verantwortlich für seine „Positionen“, die immer da sind, 24 Stunden am Tag. Wenn man Kaffee trinkt. Oder nach der Probe einen österreichischen Wein in einem feinen Lokal am Rande des Ku’damms kippt. Oder wenn man im Hotel den Krieg auf n-tv verfolgt, dann sind sie da, die „Positionen“. Die politischen, die weltanschaulichen, die ethischen.

Wie auch das „Heimatgefühl“. In Berlin verspüre er Heimat, sagt Schneyder. „Zum einen treffen ich lauter Bekannte.“ Die Besetzungslisten der Theater seien ja voll mit Österreichern: „Servus, wos moachst Du denn hier“, heißt es des öfteren. Außerdem sei „seine politische Artikulation“ eher so, dass sie auf Deutschland, und da vor allem auf das politische Berlin, ausgerichtet sei.

Ganz allein verantwortlich für die politische Botschaft ist er allerdings nicht. Vom Theater hatte man ihm die Regie für sein Stück angeboten. Aber Autor, Hauptrolle, und das Ganze noch selbst inszenieren – „ich bin doch kein Hochstapler, ich brauche Kontrolle.“ Nun kontrolliert ihn also Martin Wölffer. Und das geht? „Meiner Frau hat er gesagt, ich sei sehr angenehm auf den Proben.“ Obwohl er natürlich schon ins Geschehen eingreift. So wollte er unbedingt, dass sein Widerpart von Ilja Richter gespielt wird.

Nach der Premiere am 11. April läuft „Galanacht“ bis zum 15. Juni. Abend für Abend müssen 630 Plätze gefüllt werden. Eine hohe Messlatte. „Das Überspringen tief liegender Latten sollen andere übernehmen“, sagt Schneyder.

Christoph Schlegel

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