zum Hauptinhalt

Berlin: Privatisierung rettet den Berliner Haushalt

Als Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) im Juni den Haushalts-Jahresabschluss für 1998 vorlegte, konnte sie frohe Kunde verbreiten: Der Verkauf der Berliner Wasserbetriebe (BWB), der 3,1 Milliarden Mark Einnahmen für die Landeskasse versprach, verringerte den Fehlbetrag im Etat auf 299 Millionen Mark. Denn die Kaufsumme, die demnächst fließen soll, wird als "negativer Einnahmerest" für 1998 verbucht.

Als Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) im Juni den Haushalts-Jahresabschluss für 1998 vorlegte, konnte sie frohe Kunde verbreiten: Der Verkauf der Berliner Wasserbetriebe (BWB), der 3,1 Milliarden Mark Einnahmen für die Landeskasse versprach, verringerte den Fehlbetrag im Etat auf 299 Millionen Mark. Denn die Kaufsumme, die demnächst fließen soll, wird als "negativer Einnahmerest" für 1998 verbucht. Im Vergleich zu den Milliarden-Defiziten vorheriger Jahre sind 299 Millionen Mark eine geringe Last, die laut Landeshaushaltsordnung im Jahr 2000 ausgeglichen werden muss. Sollte sich der Kaufpreis in Folge der Entscheidung des Verfassungsgerichts noch verringern, verschlechtert sich die Finanzlage Berlins entsprechend.

Trotz des Risikos, das der Rechtsstreit um die Wasserbetriebe mit sich bringt, ist die Privatisierungsoffensive des Senats aufgegangen. Jedenfalls aus fiskalischer Sicht. Aus den Verkäufen von Unternehmensbeteiligungen und Landesgrundstücken wurden seit 1994 über 15 Milliarden Mark öffentliches Vermögen aktiviert - im bundesweiten Vergleich ein beispielloser Vorgang. Die Zeit der großen Verkäufe geht aber bald zu Ende. Für 1999 sind im Landeshaushalt noch 3,4 Milliarden Mark und für 2000 "nur" 2,4 Milliarden Mark Vermögenseinnahmen eingeplant. Es dürfte schwierig werden, diese Vorgaben noch zu erfüllen, aber das Geld wird dringend gebraucht. Das strukturelle Etat-Defizit beträgt im kommenden Jahr immer noch fünf Milliarden Mark.

Bis 1993 spielte die Privatisierung öffentlichen Eigentums in Berlin kaum eine Rolle. Damals war schon die Privatisierung der Stern- und Kreisschifffahrts-Gesellschaft eine Sensation und höchst umstritten. Von 1986 bis 1993 stieg die Zahl der unmittelbaren Landesbeteiligungen sogar von 65 auf 112, auch eine Folge der deutschen Vereinigung. Zurzeit hält das Land noch 81 unmittelbare und 113 mittelbare (Anteil über 25 Prozent) Unternehmensbeteiligungen, acht öffentlich-rechtliche Anstalten nicht eingerechnet. 1994 kam das erste große Geschäft: Der Senat trennte sich von 23,9 Prozent der Gasag-Anteile. Im selben Jahr übernahm die Norddeutsche Landesbank zehn Prozent der neu gegründeten Bankgesellschaft. 1995 verkaufte das Land weitere Gasag-Anteile, 50,1 Prozent des Fernheizkraftwerks Neukölln und 49 Prozent des Wohnungsunternehmens Arwobau, 1996 den Rest der Arwobau und die Industriebahn-Gesellschaft. 1997 wurde die Bewag komplett veräußert und den Wasserbetrieben eine Milliarde Mark Eigenkapital entnommen. Im vergangenen Jahr stieß der Senat die restlichen Gasag-Anteile ab und verkaufte 50,2 Prozent der Wohnungsbaugesellschaft Gehag. Die BWB-Teilprivatisierung, In-Sich-Geschäfte zwischen städtischen Wohnungsbaugesellschaften und die Abtretung von Dividendenansprüchen aus Bankbeteiligungen runden das Bild ab. Außerdem wurden von 1994 bis 1998 landeseigene Immobilien zum Preis von 3,4 Millarden Mark verkauft.

Jetzt bleibt nicht mehr viel übrig. Der Grundstücksmarkt gibt momentan nicht viel her, die Gründung eines Liegenschaftsfonds zur Entwicklung und Verwertung des Berliner Grundvermögens wurde um ein Jahr verschoben. Von der Gewerbesiedlungs-Gesellschaft will sich das Land Berlin seit geraumer Zeit trennen, bisher ohne Erfolg. Die Fusion von Bankgesellschaft und NordLB wurde gestoppt, die Flughafen-Privatisierung geriet ins Trudeln. Die Königliche Porzellan-Manufaktur (KPM) erwies sich als unverkäuflich, die Übernahme des Messegeländes durch die Bankgesellschaft - ein Vorschlag der Grünen - wird vom Senat abgelehnt. Die Privatisierung der Feuersozietät, die zu gleichen Teilen Berlin und Brandenburg gehört, scheiterte bislang am Veto des Nachbarlandes. So richtet sich die Hoffnung der Finanzsenatorin vorerst darauf, aus der städtischen Wohnungswirtschaft Geld herauszuholen - jährlich mindestens eine Milliarde Mark.

za

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false