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Pro & Contra: Picknicken und Rad fahren im Schlosspark?

Als die Schlösser gebaut und ihre Gärten angelegt wurden, dachte natürlich niemand, dass mal das Volk kommen und sich auf die Wiese setzen würde. Wenn sich jemand auf den Rasen setzte, dann der Monarch selbst.

Als die Schlösser gebaut und ihre Gärten angelegt wurden, dachte natürlich niemand, dass mal das Volk kommen und sich auf die Wiese setzen würde. Wenn sich jemand auf den Rasen setzte, dann der Monarch selbst. Aber dann kamen Revolutionen und neue Generationen und heute gehören die Schlösser und Gärten uns, dem Volk. Sollen wir nun in Ehrfurcht vor dem Grün stehen wie einst vor dem Fürsten? Nein. Auf den Wegen Rad fahren – es muss ja nicht gerast werden – und auf der Wiese zu picknicken, ist die schönste Form von demokratischer Aneignung eines Schlossparks.

Ja, der Rasen leidet dann vermutlich mehr als wenn sich nur Vögel und Schmetterlinge darauf niederlassen. Der „Nutzungsdruck“ ist größer, wie es bei der Schlösserstiftung heißt. Die Alternative wäre ein öder Bilderbuchrasen. Das kann nicht im Sinne einer lebendigen Auseinandersetzung mit der Geschichte sein. Je mehr Berliner in die Schlossparks kommen und dort verweilen, desto besser. Der eine oder andere wird sich dann auch mal einer Führung durchs Schloss anschließen – worauf er womöglich nicht gekommen wäre, wenn er den Park nur mal eben schnell auf dem vorgezeichneten Weg durchquert hätte. Claudia Keller

Müssen wir alles dürfen, das grenzenlose Laissez-faire auskosten? Haben wir nicht längst vor den Grillwütigen im Tiergarten kapituliert, vor Radfahrern, die uns als Spaziergänger von den Wegen scheuchen? Wir haben uns daran gewöhnt, dass bei Klassik-Freiluftkonzerten auf das Recht gepocht wird, Picknickkörbe auspacken zu dürfen. Dass in Kinos gesoffen wird und Bierflaschen herumkullern. Streng genommen bedeutet die große Freiheit nichts weiter als die Einschränkung des Freiraums. Wir akzeptieren bei Auswärtsbesuchen beispielsweise die Würde von Schlössern wie Versailles oder auch Herrenchiemsee. Unser Schloss Charlottenburg ist ein ebenbürtiges Juwel, eine der großen Sehenswürdigkeiten der Stadt, seine Umgebung verdient pflegevollen Umgang, den wir unseren meisten Grünflächen ohnehin nicht angedeihen lassen. Es hat was mit Würde zu tun, sich hier und da Freiheiten zu schenken, die man sonst auskosten darf. Die Gartenanlage ist ein Gesamtkunstwerk, auf dessen Rasen nicht herumgetrampelt werden muss, dessen Wege nicht per Rad erkundet werden müssen. Warum ist die Selbstverständlichkeit einer Parkordnung so schwer verständlich zu machen? Christian van Lessen

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