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PRO & Contra: Soll ein Einheitsdenkmal in Berlin gebaut werden?

2001 stimmte die Mehrheit im Bundestag gegen ein Denkmal für den 9. November 1989. Nun gibt es einen neuen Anlauf.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Pro:

Auch Menschen, die nicht glühend patriotisch gesinnt sind, werden jenen Moment nicht vergessen, als am 3. Oktober 1990 vor dem Reichstagsgebäude die Fahne gehisst wurde. Wer Zeitzeuge ist, braucht vielleicht kein Einheitsdenkmal. Doch inzwischen sind wir soweit, dass der Mauerfall und die Wiedervereinigung auch für junge Erwachsene historische Ereignisse sind, die man im Geschichtsbuch nachlesen muss.

Aber erfahrungsgemäß sind es nicht Bücher, sondern markante Orte im Stadt- und Landschaftsbild, die Geschichte greifbar machen. So ist es kein Zufall, dass überall in Berlin Mahn- und Denkmale des Krieges und der Teilung stehen. Als leibhaftige Erinnerung an die Jahrzehnte, die die Stadt so tief prägten. Allmählich überlagert vom – immer noch schwierigen – Zusammenwachsen dessen, was in Ost und West zusammengehört. Wo denn sonst, wenn nicht in Berlin, sollte es dafür einen Ort des Gedenkens geben?

Um das Erinnern zu fördern, das Nachdenken und auch den Streit darüber, was Freiheit und Einheit bedeuten. Ohne chauvinistischen Beiklang, das kann schon die Gestaltung des Denkmals verhindern. Zumal es um ein geeintes Deutschland in Europa geht, und um eine Freiheit, die in 200 Jahren europäischer und deutscher Geschichte erkämpft worden ist. Ulrich Zawatka-Gerlach

Contra:

Ob Denkmäler von heute noch zum Ge- oder zum Nachdenken anregen, darf bezweifelt werden. Mag sein, dass man in Anbetracht eines in einem Park herumstehenden, stattlichen Bismarcks ein bisschen über historische Größe sinniert oder in Anbetracht eines Kaiser Wilhelm Zwo über Größenwahn. Man kann auch angesichts des leeren Sockels für ein Karl-Liebknecht-Denkmal am Potsdamer Platz über den Sozialismus sinnieren – oder über das Nichts als Ergebnis aller sozialistischen Bemühungen. Fest steht, dass die Nachdenkerei über ein historisches Ereignis an vielen Orten beginnen kann. Und nichts bremst sie so radikal ab wie ein Denkmal mit vorgeschriebener Denk- und Gefühlsrichtung. Ein Einheitsdenkmal würde genau diesen Zweck erfüllen müssen: Feier der Einheit, gern mit einem Hauch von Pathos. Jedes andere Gedenken – an die Teilung, an die Funktionsweise des DDR-Regimes, an die Bonner Republik, an die Deutschländer davor – hat seine Orte des Gedenkens, vom Mauerpark über Marienborn, Adenauers Haus am Rhein, Cäcilienhof in Potsdam, Wilhelms des Zweiten Exil in Doorn – Orte, an die zu denken sinnvoller ist als jede Herumsteherei an einem Einheitsdenkmal. Wer an die Einheit denken will, soll durchs Brandenburger Tor gehen. Da hat er wenigstens Bewegung. Werner van Bebber  

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