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Update

Protestcamp: Occupy-Bewegung errichtet Camp am Bundespressestrand

Vorerst wollen die Aktivisten der Occupy-Bewegung den Bundespressestrand nicht wieder verlassen. In unmittelbarer Nähe der Mächtigen wollen sie ihren Protest sichtbar machen.

Vertreter der regierungs- und bankenkritischen Occupy-Bewegung haben am Mittwochmorgen in Berlin das Gelände des Bundespressestrandes in der Nähe des Kanzleramtes besetzt. Sie bauten knapp ein Dutzend Zelte auf einem abgezäunten Areal innerhalb des Geländes des geschlossenen Sommerrestaurant an der Spree auf und bekräftigten in Sprechchören ihre friedlichen Absichten. Geplant ist ein längerfristig bestehendes Camp im Regierungsviertel, hieß es in einer Erklärung zu der Aktion. Mit Tee, warmer Suppe und Wärmflaschen wappnen sich die Aktivisten gegen die Berliner Novemberkälte. Es seien auch Vertreter der Bewegung aus anderen Städten gekommen, teilte sie mit. „Wir lassen uns auch nicht von Minusgraden abhalten“, sagte Besetzer Matthias Hofmann. Das Camp werde benötigt, um die Empörung vieler Menschen aus allen Schichten auszudrücken. In der Regierungszentrale sitzen nach seinen Worten „tausende Beamte, die alle keine Antwort auf die drängenden Fragen haben“.

Florian W., 32, ist einer derjenigen, die zum Camp gekommen sind. Seit dem 15. Oktober, dem Tag der Großdemonstration in Berlin und zahlreichen anderen Städten weltweit, gehört er zum Kreis der Aktiven. "Wenn viele Leute sich zusammentun, können sie etwas erreichen", sagt er. Mehr Transparenz in der Politik wünscht er sich, und dass Entscheidungen, die alle angehen, nicht mehr hinter verschlossenen Türen gefällt werden. Auch die Schülerin Lisa Giesike schloss sich dem Protest-Camp an. "Ich finde, die Politik ist zu abhängig von der Wirtschaft. Ich bin für mehr Kontrolle über die Wirtschaft", so die Schülerin. Der Grundschullehrer Matthias Hofman findet es besonders wichtig, "dass es zentrales Camp gibt. Unabhängig von den Ländergrenzen etabliert damit sich eine Protestkultur, die alle eins fordern: mehr Demokratie", so Hofmann.

Die weltweite Occupy-Bewegung fordert eine Entmachtung der Banken, mehr Mitspracherecht von Bürgern bei der Gestaltung der Finanzpolitik und eine humanere Arbeitswelt. Protestcamps gibt es in Metropolen wie New York oder Frankfurt/Main. Die Errichtung eines Hauptstadt-Camps auf der Wiese vor dem Reichstagsgebäude am 15. Oktober war von der Polizei verhindert worden.

Die Besetzer baten die Mieterin des Grundstücks und Restaurant-Geschäftsführerin Johanna Ismayr in einem Brief um Duldung der Aktion. Die Entscheidung das Gelände zu besetzen, sei gefallen, weil sich die Protestierer von den Behörden hingehalten fühlen. Seit Wochen sei die gewünschte Errichtung eines Protestlagers im Regierungsviertel verhindert worden. Ismayr ließ den Besetzern von einem Hausmeister ausrichten, sie werde die Aktion so lange hinnehmen, wie sie „friedlich und ordentlich“ bleibe.

Die Polizei wird das von der „Occupy“-Bewegung besetzte Gelände am Bundespressestrand vorerst nicht räumen, da Pächterin Johanna Ismayr das Camp toleriere. Bis zum Ende des Monats keinen Handlungsbedarf, sagte ein Polizeisprecher. Im Dezember wechseln allerdings auf dem Areal im Berliner Regierungsviertel die Pachtverhältnisse. „Danach muss man sich neu orientieren und entscheiden, ob das Camp trotzdem noch geräumt werden muss“, sagte der Sprecher. Ismayr zeigte indes Sympathie für die Protestbewegung.

Das derzeit geschlossene Freiluftlokal Bundespressestrand an der Spree hat an diesem Standort keine Zukunft mehr. Es muss dem Neubau des Bundesbildungsministeriums weichen. Erst vor wenigen Tagen hatte Ismayr angekündigt, sie wolle das gesamte Inventar der Restauration versteigern. Einen Ausweichstandort gebe es nicht. Insgesamt neun Sommer war der Bundespressestrand ein beliebter Treffpunkt von Touristen und Hauptstädtern. (dapd,csh)

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