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Nach zweimonatiger Verhandlung ist ein Urteil im Prozess gegen Gor H. in Sicht – am 21. April soll es nach derzeitigen Planungen verkündet werden.

© dpa/Fabian Sommer

Prozess nach Amokfahrt in Berlin: „Ein schwer kranker Mann“ – Gutachten hält Gor H. für nicht schuldfähig

Im Juni 2022 rast ein Autofahrer mitten in Passanten am Ku’damm. Eine Frau stirbt, viele Menschen werden verletzt. Nun ist im Mordprozess ein Urteil in Sicht.

Er schwieg und wirkte abwesend, als der Prozess vor zwei Monaten begann. Er hatte sich auch nicht gegenüber dem psychiatrischen Sachverständigen geäußert. Gor H., der am Berliner Ku’damm mit einem Kleinwagen in Fußgängergruppen gerast war, ist aus Sicht des Gutachters ein „schwer kranker Mann“. Seit Jahren leide er an einer paranoiden Schizophrenie, sagte der Experte am Mittwoch vor dem Landgericht. Nach zweimonatiger Verhandlung ist nun ein Urteil in Sicht – am 21. April soll es nach derzeitigen Planungen verkündet werden.

Dem inzwischen 30-Jährigen wird der Prozess wegen Mordes und 16-fachen versuchten Mordes gemacht. Er war am Vormittag des 8. Juni 2022 in einem Kleinwagen auf dem Kurfürstendamm unterwegs. Plötzlich zog er auf den Gehweg und fuhr in Gruppen von Passanten – eine hessische Schulklasse war am schwersten betroffen. Eine Frau starb, viele Menschen wurden verletzt.

H. soll sich in einem akut psychotischen Zustand befunden haben. Die Staatsanwaltschaft strebt seine Unterbringung in einem Krankenhaus für psychisch kranke Straftäter an.

Als er Gor H. kurz nach der Tat sah, habe der Mann schwer depressiv gewirkt, so der Gutachter. Mehrmals habe er erklärt, nichts gemacht zu haben. H. sei seit Jahren engmaschig betreut worden, bekam Medikamente.

Doch Anfang Juni war er für einige Tage allein in der Wohnung. Blutproben ergaben später, dass er die Medikamente abgesetzt haben muss. Der Wert habe „weit unter der therapeutischen Wirksamkeit gelegen“. Laut Gutachten war H. nicht schuldfähig.

Gor H. nahm seine Tabletten nicht mehr

Gor H. musste wegen der Erkrankung das Abitur abbrechen. Er zog sich laut Gutachten immer mehr zurück, verbrachte in den folgenden Jahren die meiste Zeit im Bett – unter Wahnvorstellungen. Mutter und Schwester hätten sich sehr um ihn gekümmert, auch um die medikamentöse Versorgung. „Es ist eigentlich alles richtig gemacht worden“, schätzte der Gutachter ein. Bis Gor H. die verordneten Tabletten ab 2. oder 3. Juni nicht mehr einnahm.

Was ihn ihm vorgegangen ist bei der folgenschweren Fahrt? „Wir wissen es nicht“, so der Gutachter. H. habe sich zu seinem inneren Erleben nie geäußert. Was geschah, habe er möglicherweise „krankheitsbedingt nicht realisiert“. Eine krankhafte seelische Störung liege vor. Ohne Behandlung seien weitere Taten zu erwarten. Die Prognose des Gutachters: „Es wird ein sehr langer Weg sein.“ Eine deutliche Änderung in seinem Verhalten wäre ein erster Schritt – „er erfasst nicht, worum es geht“. Der Prozess wird am Mittwoch mit den Plädoyers fortgesetzt.

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