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Zum Prozessauftakt sitzt die 18 Jahre alte Dilan im Gerichtssaal.

© dpa/Paul Zinken

Prozess um rassistischen Angriff in Berlin: Im Fall Dilan S. Geld- und Bewährungsstrafen gefordert

Im Prozess gegen die sechs Angeklagten ging es um Beleidigung, Bedrohung und Körperverletzung – das heute 18-jährige Opfer trat als Nebenklägerin auf. Urteil am kommenden Donnerstag.

Im Fall Dilan S. hat die Staatsanwaltschaft auf Geld- und Bewährungsstrafen gegen die sechs Angeklagten plädiert. In dem Prozess geht es um einen mutmaßlich rassistischen Angriff auf die damals 17-Jährige. Die Jugendliche sei bei dem Geschehen Anfang Februar 2022 in Prenzlauer Berg beleidigt, geschlagen und getreten worden, sagte Staatsanwalt Sebastian Schwarz am Donnerstag vor dem Amtsgericht Tiergarten. Die Beschimpfungen aus der Gruppe der 25- bis 55-jährigen Angeklagten seien „zum größten Teil fremdenfeindlich“ gewesen.

Der Staatsanwalt beantragte gegen zwei Frauen und einen Mann Freiheitsstrafen zwischen sieben und elf Monaten Haft auf Bewährung. Gegen die weiteren Angeklagten forderte er Geldstrafen von 1350 Euro (90 Tagessätze zu je 15 Euro) bis 4950 Euro (90 Tagessätze zu je 55 Euro). Ein Urteil soll am 27. April verkündet werden.

Dabei ist eine ausländerfeindliche Gesinnung zu Tage getreten.

Staatsanwalt im Prozess vor dem Amtsgericht

Die Anklage lautete auf Beleidigung, Bedrohung sowie gefährliche Körperverletzung und Beihilfe dazu. Zunächst sollen zwei der Frauen die Schülerin in einer Tram rassistisch beschimpft haben. Eine dieser Frauen und eine weitere Angeklagte sollen die Jugendliche mit türkischen Wurzeln und deutschem Pass nach dem Aussteigen körperlich attackiert haben. Mitangeklagte hätten psychische Beihilfe geleistet, so der Staatsanwalt.

Einige Angeklagte gaben die Vorwürfe zu

Aus einer Gruppendynamik heraus hätten die Angeklagten auf die Jugendliche eingewirkt, so der Staatsanwalt. Mit Vehemenz seien Beleidigungen erfolgt – „dabei ist eine ausländerfeindliche Gesinnung zu Tage getreten“. Die Jugendliche habe sich nicht provozierend verhalten, sondern in der Tram höflich darum gebeten, einen Mund-Nase-Schutz zu tragen. Einer der Nebenklage-Anwälte sagte, die Angeklagten seien „von oben herab, beleidigend und rassistisch“ aufgetreten.

Einige Angeklagte hatten Vorwürfe zum Teil zugegeben, andere forderten nun Freispruch. Der Verteidiger einer 55-Jährigen sagte, es sei „kein Fall, bei dem von vornherein aus fremdenfeindlichen Gründen jemand angegriffen wird“.

Die Tat hatte im Februar für großes Aufsehen und auch für Solidaritätsaktionen mit Dilan S. gesorgt – nicht zuletzt deshalb, weil die Polizei die Ursache des Angriffs zunächst falsch dargestellt und in einer Mitteilung geschrieben hatte, Auslöser des Konflikts sei gewesen, dass die Frau keine Corona-Maske getragen habe.

Auch die Nachrichtenagentur dpa hatte diese ursprüngliche Darstellung der Polizei in einer Meldung übernommen und zudem die schon in der Polizei-Mitteilung genannten Hinweise der jungen Frau auf rassistische Beleidigungen nicht erwähnt.

Die Abiturientin hatte in einem Video aus dem Krankenhaus teilweise weinend von der Tat berichtet und sich bitter darüber beschwert, dass ihr niemand von den umstehenden Menschen geholfen habe – und dass ihr in ersten Berichten von Polizei und Medien zunächst eine Mitschuld zugeschrieben wurde. (dpa/Tsp)

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