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Rettungswagen mit Blaulicht im Einsatz.

© dpa

Prozesse in Berlin: Reanimation eines Kindes behindert - Geldstrafe für Autofahrer

Sie haben Rettungskräfte angegriffen und behindert. Drei Menschen stehen deswegen jetzt vor Gericht.

In der Kita wurde um das Leben eines 18 Monate alten Jungen gekämpft, doch Maurizio W. war das gleichgültig. Für den 23-Jährigen zählte nur, dass sein Auto blockiert war – ein Rettungswagen hinderte ihn am Ausparken. „Fahrt die Scheiß-Karre weg, ich muss zur Arbeit“, pöbelte er und schlug schließlich gegen den Rettungswagen. Zehn Monate später sitzt W. kleinlaut vor dem Amtsgericht Tiergarten. „Ich hatte Zahnschmerzen. Ich war spät dran. Es war dumm von mir“, erklärte er.

Angriffe gegen Rettungskräfte und Polizisten sind trauriger Alltag geworden. Gleich drei Prozesse um derartige Vorfälle wurden am Dienstag vor Berliner Strafgerichten verhandelt. Ein 38-Jähriger soll Böller gegen Sanitäter geworfen haben, eine 35-jährige Frau hatte laut Anklage in ihrer Wohnung mit einem Kartoffelschäler in Richtung eines Helfers gestochen. „Wir werden beschimpft, behindert, angegriffen“, sagte ein als Zeuge geladener Feuerwehrbeamter. „Täglich wird in Berlin mindestens ein Rettungswagen irgendwie attackiert.“ Erst am vergangenen Freitag wurden Sanitäter, die in Neukölln zu einem 75-Jährigen gerufen worden waren, von mehreren Dutzend Angehörigen bedrängt, die vom Notarzt „mehr Einsatz“ forderten.

„Es ging schließlich um das Leben des Kindes“

Auch Maurizio W. gehört zu jenen, deren Verhalten für Aufsehen und Empörung sorgte. Es war 10 Uhr, als er am 3. November in Moabit ins Auto steigen und zur Arbeit in einem Imbiss fahren wollte. Da hielt vor ihm ein Rettungswagen, gerufen zu einer „Kinderreanimation“. Die Helfer hielten in zweiter Reihe, sprangen aus dem Wagen. „Da kam er uns aufgebracht entgegen“, sagte nun ein Beamter. Ein kurzes Wortgefecht habe es gegeben, so der 29-jährige Zeuge. „Wir waren unter großer Anspannung. Wir wussten, dass eine Erzieherin bereits mit der Reanimation begonnen hatte.“ Es ging um jede Sekunde. Doch W. habe keine Einsicht gezeigt. Über den Einsatz habe er erklärt: „Mir doch egal.“ Sie hätten ihn stehen lassen. „Es ging schließlich um das Leben des Kindes.“

Als die Retter mit ihren Koffern in der Kita verschwunden waren, reagierte W. seine Wut an dem Einsatzwagen ab. Er verpasste dem Auto eine „Kopfnuss“ und schlug derart gegen einen Seitenspiegel, dass der Spiegel herausfiel. Eine Anwohnerin wurde auf den Pöbelnden aufmerksam und rief die Polizei. Ein Einsatz, der etwa eine Stunde dauerte. Zum Glück konnte der kleine Leonhard gerettet werden, er kam in ein Krankenhaus. „Es geht ihm den Umständen entsprechend immer besser“, so sein Vater.

„Ich wollte den Einsatz nicht behindern“

Maurizio W. bat nun um Verzeihung. „Ich erkenne mich in dem damaligen Verhalten nicht wieder“, erklärte er. „Die Feuerwehr macht so einen Einsatz nicht zum Spaß.“ Doch er habe vor Ort „nicht wahrgenommen, worum es geht“. Seine Worte habe er nicht gezielt gewählt. „Ich wollte den Einsatz nicht behindern.“ Er sei sehr froh, dass der Junge gerettet werden konnte. Er habe im Vorfeld des Prozesses bereits 2000 Euro an die Familie gezahlt.

Die Staatsanwältin nannte die Störung eine „enorme Rücksichtslosigkeit und Verrohung“ und beantragte eine Strafe von sechs Monaten Haft auf Bewährung. Der Richter sprach von einem Egoismus, „der erschüttert“. Wegen Behinderung von Hilfe leistenden Personen und gemeinschädlicher Sachbeschädigung erhielt W. nun eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 20 Euro. Wegen zwei Vorstrafen, darunter 18 Monate Haft auf Bewährung wegen Geldfälschung, bildete das Gericht eine Gesamtstrafe von 20 Monaten Haft auf Bewährung.

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