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Berlin: Psychologe: Große Feiern ziehen labile Menschen an

Ein 16-Jähriger sticht wahllos auf Dutzende von Menschen ein. Ist diese Tat ein Amoklauf wie etwa die Bluttat an der Erfurter Gutenberg-Schule vor vier Jahren?

Von Sabine Beikler

Ein 16-Jähriger sticht wahllos auf Dutzende von Menschen ein. Ist diese Tat ein Amoklauf wie etwa die Bluttat an der Erfurter Gutenberg-Schule vor vier Jahren? „Ich wäre sehr vorsichtig, diesen jungen Mann als Amokläufer zu bezeichnen“, sagt Adolf Gallwitz, Polizeipsychologe an der Hochschule für Polizei in Villingen-Schwenningen.

Läuft jemand Amok, dann gibt es laut Gallwitz zwei grundsätzliche Entstehungsmöglichkeiten. Entweder ist dieser Mensch eine „sehr auffällige Person mit einer klassischen Intensivtäterkarriere“. Oder er ist im Gegenteil extrem verhaltensunauffällig, isoliert, hat wenig Freunde, gilt als „affektblockiert“. Frust, Enttäuschung, Ärger oder auch Alkoholeinfluss können dann zur wuchtigen Entladung von aufgestauten Emotionen führen. Gallwitz sagt, bei beiden Fällen müsse aber stets ein wie auch immer gearteter Bezug zu Waffen vorhanden sein.

Laut Gallwitz sind rund 2 Prozent der Deutschen schwer psychisch krank und 15 Prozent psychisch leicht auffällig. „Herausragende Ereignisse“ wie Großveranstaltungen können solche labilen Menschen anziehen, sie zu möglicherweise gewalttätigen Handlungen bewegen. Das Problem sei vor allem, dass solche Handlungen nicht vorherzusehen sind.

Sie sind laut dem Psychologen nicht zu vergleichen mit den Gewaltausbrüchen „jugendlicher Schulhoftäter“. Diese würden in der Regel ihre Opfer unter Gleichaltrigen suchen. „Das Phänomen kommt aus den USA und ist bei uns in den vergangenen 20 Jahren gewachsen“, sagt Gallwitz. Immer mehr Schüler rasten aus und werden gewalttätig. Als Erklärungsversuche werden soziale Verelendung oder Beeinflussung durch harte Gewaltszenen zeigende Computer- oder Videospiele genannt. Nicht selten handelt es sich um Nachahmungstaten.

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