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Berlin: Rangeln um die besten Plätze

Der Kampf der Kandidaten hat begonnen. Nicht einmal profilierte Bundespolitiker können sich ihrer Wiederwahl sicher sein. Newcomer müssen sich erst durchsetzen: Von 25 Berlinern im Bundestag treten zehn nicht wieder an

Von Brigitte Grunert

Der Blutaustausch ist beachtlich. Von den 25 Berliner Abgeordneten im Bundestag treten zehn nicht wieder an. Und einige andere müssen um ihre Wiederwahl bangen. Selbst gut platzierte Könner sind vor Wahlpech nicht sicher. 1996 wäre Bundestagspräsident Wolfgang Thierse beinahe zum Siegesopfer der SPD geworden. Sie holte neun der damals 13 (jetzt zwölf) Berliner Direktmandate. Thierse schaffte es nur knapp auf den Spitzenplatz der Landesliste.

Mehr Ost-Berliner als früher sind die Zugpferde ihrer Parteien. Auf der SPD-Liste ist Thierse die Nummer eins, gefolgt von Bundesministerin Christine Bergmann (Ost). Die CDU-Liste führt der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionschef Günter Nooke an. Die Grünen haben mit Bundesministerin Renate Künast und Werner Schulz eine West-Ost-Spitze. Schulz war wie Nooke DDR-Bürgerrechtler. Bei den Liberalen zählt das West-Urgestein Günter Rexrodt, FDP-Landeschef und Ex-Bundesminister. Und bei der PDS steht wieder die stellvertretende Bundesvorsitzende und Ost-Frau Petra Pau vorn. Bisher gehören zehn Abgeordnete der SPD an, sieben der CDU, vier der PDS, drei den Grünen, einer der FDP. Das kann sich am 22. September leicht ändern.

Wehmütig nehmen alte Hasen Abschied, auch jene, die freiwillig verzichten wie Sabine Bergmann-Pohl (CDU), Siegrun Klemmer, Ingrid Holzhüter und Wolfgang Behrendt (alle SPD) oder die PDS-Veteranen Manfred Müller und Christa Luft, die Ministerin in der Modrow-Regierung der DDR war. Andere scheiterten an der innerparteilichen Nominierung wie Renate Rennebach (SPD) und Rupert Scholz (CDU).

Der Rechtsausschuss-Vorsitzende und Verfassungsexperte Scholz (65) hatte seit 1990 in seiner Fraktion großen Einfluss. Die Berliner Union hat ihn bei der Kandidatenkür zu Gunsten des unauffälligen Peter Rzepka ausgebootet. Seine CDU-Bundestagskollegen Diethard Schütze und Dankward Buwitt haben sich allein ins Abseits manövriert, Schütze durch eine Korruptionsaffäre, Haushaltsexperte Buwitt durch seine Rolle in der Berliner CDU-Parteispendenaffäre. Sabine Bergmann-Pohl geht als einzige CDU-Abgeordnete freiwillig.

Die Grünen Franziska Eichstädt-Bohlig und Hans-Christian Ströbele wollen ihre Bundestagsmandate behaupten. Doch ihre Chancen für Direktmandate stehen schlecht. Nur Bau-Expertin Eichstädt-Bohlig macht sich Hoffnung auf einen Listenplatz, den dritten hinter Frau Künast und Realo Schulz, der seit 1990 dem Bundestag angehört, bisher für Sachsen. Fundi Ströbele hat sich einen n im Spenden-Untersuchungsausschuss gemacht – und als Opponent gegen die Nato-Einsätze. Er kandidiert in Friedrichshain-Kreuzberg,

Einflussreiche SPD-Abgeordnete mit Platzhalter-Chancen sind neben Thierse der zum Parlamentarischen Staatssekretär für Wirtschaft aufgerückte Ditmar Staffelt und der Finanzpolitiker Jörg-Otto Spiller. Eckhardt Barthel (Kulturpolitiker), Siegfried Scheffler und Hinterbänkler Detlef Dzembritzki sind auf den Kampf um Direktmandate angewiesen. Sie treten ohne Listenplatz an. Scheffler, früher Parlamentarischer Staatssekretär für Verkehr, hat seit 1990 den Wahlkreis Köpenick-Treptow geholt. Alle anderen Direktmandate im Osten fielen stets der PDS zu.

Christine Bergmann (64) kandidiert erstmals für den Bundestag. Von den anderen hoffnungsfrohen SPD-Newcomern bringt nur Petra Merkel Parlamentserfahrung aus dem Abgeordnetenhaus mit. Parteivize Andreas Matthae (33), die Frauenfunktionärin Mechthild Rawert (ohne Wahlkreis) und der Spandauer Kreischef Swen Schulz sind über die SPD hinaus kaum bekannt.

Als CDU-Platzhalter gelten außer Nooke nur die Hinterbänkler Siegfried Helias (früher Landesschatzmeister) und Edeltraut Töpfer. Mehr oder weniger chancenreiche Neulinge sind die CDU-Generalsekretärin und Ex-Staatssekretärin Verena Butalikakis (Listenplatz zwei) sowie Roland Gewalt, Peter Rzepka und Kurt Wansner aus dem Abgeordnetenhaus. Eher bekannt ist ihr früherer Kollege Uwe Lehmann-Brauns (64), aber er kann sich seinen Bundestagstraum nur mit dem Direktmandat in Steglitz-Zehlendorf erfüllen. Er tritt ohne Listenplatz an. Das hat er mit seinem Gegenkandidaten, dem namhaften Abgeordnetenhaus-Mitglied Klaus Uwe Benneter (SPD) gemeinsam. In manchen Wahlkreisen geht es eben wirklich um die Wurst. Auch die Kandidaten Volker Liepelt (CDU) und Kai Wegner (stellvertretender CDU-Fraktionschef im Abgeordnetenhaus) haben keinen Listenplatz.

Bei der PDS müssen sich Petra Pau und Gesine Lötzsch wenig Sorgen um den Einzug in den Bundestag machen. Bezirksbürgermeisterin Bärbel Grygier, die erst im Januar für Gregor Gysi in den Bundestag nachrückte, kann sich auch noch Chancen ausrechnen. Auf Sandra Brunner in Pankow setzt die PDS auch. Parteichef Stefan Liebich dagegen ist ein Wackelkandidat.

Wenn überhaupt einem, ist nur FDP-Listenführer Günter Rexrodt die Rückkehr in den Bundestag sicher. Wenn die Liberalen Glück haben, leistet ihm Markus Löning vom Landesvorstand als Nachwuchs Gesellschaft.

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