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Berlin: Rechtsextremismus: Reden statt Sprachlosigkeit im Klassenzimmer

"Eine Menge Schüler ist froh, dass wir Rechtsextremismus jetzt thematisieren", sagt Sibille Bühring, Lehrerin an der Rudolf-Virchow-Schule in Marzahn. In der vorigen Woche forderte sie mit drei Kollegen interessierte Schüler auf zu überlegen, wie man sich an der Schule mit Rechtsextremismus auseinander setzen könnte.

"Eine Menge Schüler ist froh, dass wir Rechtsextremismus jetzt thematisieren", sagt Sibille Bühring, Lehrerin an der Rudolf-Virchow-Schule in Marzahn. In der vorigen Woche forderte sie mit drei Kollegen interessierte Schüler auf zu überlegen, wie man sich an der Schule mit Rechtsextremismus auseinander setzen könnte. Herausgekommen ist innerhalb von drei Tagen eine ganze Menge. Am Mittwoch stellten die Schüler Themen vor, zu denen jetzt bis zum November in den Klassen weitergearbeitet werden soll: Gewalt, Zwangsarbeiterentschädigung, Ausgrenzung. "Dass wir darüber reden, hat Bewegung in die Schule gebracht. Eine Schülerin in meiner Klasse hat gesagt: Mein Freund ist auch rechtsradikal. Eine andere hat dann dagegengehalten, und andere haben angefangen, laut nachzudenken", sagt Regina Kittler. Sie rechnet mit harten Auseinandersetzungen. "Aber genau das wollen wir auch erreichen."

Am Mittwochabend trafen sich Eltern, Lehrer und Schüler aus dem Bezirk in der Hellersdorfer "Lernwerkstatt", um zu erfahren, wie andere Schulen mit Rechtsextremismus umgehen. Das Projekt an der Virchow-Schule ist ein Beispiel dafür. Das Treffen ist ein erstes Ergebnis des Projektes "Standpunkte" in dem, wie berichtet, Lehrer für den Umgang mit rechten Tendenzen an den Schulen ausgebildet werden sollen. Denn bisher standen viele rechten Sprüchen hilflos gegenüber - und gingen darüber hinweg. Das "Standpunkte"-Projekt läuft seit Ende Januar. Ende des Jahres soll für jeden Berliner Bezirk ein Lehrer zum so genannten Multiplikator werden, der dann für seine Kollegen als Ansprechpartner zur Verfügung steht. Einige Hellersdorf-Marzahner Lehrer wollten nicht so lange warten. "Es ist wichtig, Beispiele wie das aus Marzahn bekannt zu machen, damit die Kollegen nicht das Gefühl haben, den rechten Tendenzen machtlos gegenüber zu stehen", sagt auch Axel Friede vom Landesschulamt. Viele Teilnehmer zeigten sich denn am Mittwoch auch überrascht, wie viele Rechtsextremismus-Projekte es in ihrem Bezirk gibt - und tauschten sofort Telefonnummern aus.

Über den Kontaktaustausch hinaus soll es aber weitergehen. Als erstes wollen Eltern und Lehrer darauf achten, dass an allen Schulen im Bezirk eine Teilnahme an der Aktion "Noteingang" diskutiert wird, wie es Schulsenator Klaus Böger in einem Brief an die Schulleiter gefordert hat. Die Diskussion über die Teilnahme daran war auch an der Rudolf-Virchow-Schule der Anlass für das Rechtsextremismus-Projekt. Bei dieser Aktion signalisiert ein Schild, dass bedrohten Menschen Zuflucht gewährt wird.

Auch in anderen Bezirken sind solche Treffen im Rahmen des "Standpunkte"-Projekts geplant. Als nächstes soll es in Lichtenberg-Hohenschönhausen und Treptow-Köpenick losgehen.

akr

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