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Berlin: Reden bis zum Finale

Der WM-Beauftragte des Senats hat schon jede Menge zu tun

WM-STADT BERLIN: WARMSPIELEN FÜR 2006

In 1162 Tagen werden 22 Männer um einen Ball streiten – und am Ende hoffentlich die Deutschen gewinnen. Dann, am 9. Juli 2006 beim WM-Endspiel im Berliner Olympiastadion, zählt genau das nicht mehr, was heute Jürgen Kießlings Hauptjob ist: Reden.

Sitzungen, Besprechungen, Verhandlungen, Koordinationstreffen und natürlich Telefonate: Jürgen Kießling bereitet die WM vor. Der Abteilungsleiter Sport bei Senator Klaus Böger war schon bei der Olympia-Bewerbung dabei, ist zuständig für Sportgroßereignisse – und so etwas wie der WM-Beauftragte des Senats. Bis zum Anpfiff mag es noch über drei Jahre hin sein – doch der Abstimmungsbedarf ist jetzt schon enorm. Die Organisation der WM selbst liegt zwar in den Händen des „OK“: des Organisationskomitees in Frankfurt/Main. Doch Berlin wird eine der wichtigsten Gastgeberstädte sein. Nicht nur findet hier mit größter Wahrscheinlichkeit das Endspiel statt; es sollen noch vier bis fünf weitere Spiele sein.

Mit einem ganzen „Wald von Themen“, sagt Kießling, habe er es deshalb zu tun: die Baumaßnahmen am Olympiastadion; die Verkehrsplanung; die Sicherheit; die Kultur; das Marketing. Und – übergeordnet –: die Förderung und Darstellung der Gastfreundlichkeit der Stadt und ihrer Bewohner.

Für alles müssen Konzepte und Zeitpläne erarbeitet, Zuständigkeiten verteilt werden, „in föderaler Vielfalt“, wie Kießling sagt. „Wenn es zum Beispiel um die Sicherheit geht, dann sitzen da 80 Mann in der Runde, vom Vertreter der Bahn AG über Fanbeauftragte bis zur GSG 9.“ Gespräche über Gespräche, damit 2006 gepflegt gegen den Ball getreten werden kann.

Zugleich sind da noch das OK und der Weltverband Fifa – und die haben ihre Vorschriften. Kießling: „Nehmen wir das Marketing. Wenn wir ein WM-Fest machen wollen, sind wir von den internationalen Sponsoren abhängig. Es darf keine Berliner Brauerei das Fest unterstützen. Denn ,Budweiser‘ hat die Welt-Rechte an der WM gekauft.“ So steht es in den Fifa-Regeln, einem dicken Hefter, dessen Inhalt alle Gastgeberstädte strikt zu beachten haben. Doch Kießling, auch Koordinator aller deutschen Spielstätten, kämpft noch um mehr Freiräume für die lokale Vermarktung. Das Thema muss in den nächsten zwei Monaten entschieden werden – damit es etwa den mittelständischen „Berliner WM-Club“ geben kann, den Kießling einrichten will.

Und bald – aber dies liegt nicht in Kießlings Bereich – steht noch eine Entscheidung an: Ob in Berlin nicht nur WM-Spiele ausgetragen werden, sondern auch die eine oder andere Nationalmannschaft ihr Quartier hier bezieht. Reinickendorf möchte die Villa Borsig am Tegeler See so genutzt sehen, Steglitz-Zehlendorf bietet Stadien als Trainingsplätze an. Treptow-Köpenick hat den Leiter der Wirtschaftsförderung beauftragt, Beteiligungsmöglichkeiten an der WM ausfindig zu machen. Das OK will noch in diesem Jahr einen Katalog möglicher Quartiere und Trainingsstätten für die Teilnehmer fertig stellen. Denn am 9. Juli 2006 sollen 22 Mann gegen einen Ball treten. Und die Mannschaft, die verliert, soll sich trotzdem wohl gefühlt haben.

Holger Wild

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