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Berlin: Reich in Mitte

Der exklusive China Club am Adlon erlaubte erstmals einen Blick in seine Räume

„Und jetzt“, sagt unsere Begleiterin, während sie den Lift vom Adlon-Palais in die höchste Etage schickt, „beginnt eine vollkommen andere Welt: der neue China Club“.

Wir sind gespannt, was sich da hinter der klatschgelben Fassade unter dem Dachgarten an der Rückseite der neuen Akademie der Künste verbirgt. Wochenlang verschwanden geheimnisvolle Dinge am Eingang in der Behrenstraße: dickbauchige, blaue Vasen, Gemälde mit Massenszenen, schweres Mobilar oder gerahmte große Porträts fremdartig wirkender Zeitgenossen. Auch die schweren Teppiche ließen vermuten, dass hier eine Niederlassung der Bank of China, zumindest aber die Residenz des chinesischen Botschafters, hergerichtet wird.

Nein, es ist jener Club, über den in der Berliner Gesellschaft schon ein wenig getuschelt wird: Da soll ja und da ist und da könnte und müsste und überhaupt. Tatsächlich hat hier das Besondere einen Ort und einen Namen. Und seine eigenen Gesetze: Die bislang mehr als 200 Mitglieder möchten von der landesüblichen Promi-Rummelei verschont bleiben, statt Namen verrät uns die Pressereferentin Angela Contzen lediglich ein paar Berufe (Unternehmer, Verleger, Wirtschaftler, wenige Politiker, mehr Kultur- und Medienschaffende, Privatiers). Dreißig Prozent kämen aus Europa und Übersee, die Hälfte aller Mitglieder aus allen Bundesländern außer Berlin – die Hauptstadtquote liegt bei 20 Prozent. Über die Aufnahme neuer Mitglieder – 2000 wird als Höchstgrenze genannt – entscheiden Fürsprache und Votum eines Vorstands-Komitees. Wer 10 000 Euro für die Aufnahme in diesen privaten Club und dazu noch 1500 Euro Jahresbeitrag bezahlt hat, darf Gäste mitbringen, wie letztens, als Theatermagier Robert Wilson mit 80 seiner Fans in den Club kam.

An diesem elitären Ort stiller Genüsse sind Hedoniker erwünscht. Man könnte, gleich vorn am Empfang, in der tiefen breiten Couch des „Salons der Konkubine“ versinken, nebenan in mehreren Räumen die handgeschnitzten Türen und Paneele und uralte Chinoiserien neben seidenbespannten Wänden betrachten oder in den Fauteuils der Bibliothek die Zeitungen oder Bildbände zu Kunst und Reisen und Bücher von Ovid bis Heiner Müller lesen. Überall begleiten den Gast die Plastiken und Bilder zeitgenössischer Künstler der Volksrepublik, in der sich die jungen Wilden austoben, von ideologischen Fesseln befreit. Club-Direktor Axel Benz lobt den Wert der Bilder, und seinem Urteil darf man vertrauen – er kommt direkt von Sotheby’s. Wir sehen die gerade erst im Reich der Mitte entdeckten Stilrichtungen von Vermeer bis Warhol auf chinesische Art – und immer wieder Mao, als Überflieger, als Dekoration, als satirische Beilage, Mao ernst, Mao karikiert, und die ganze Volksgenossenschar, wie sie ihn wie die Elfen umtanzen und ihm manchmal bis unter die Ballonmütze ähnlich sehen. Diese Mao-, Landschafts- und Porträtkunst in ihrer überbordenden Fülle und im Durcheinander der Themen und Stile ist schon wieder witzig; die reiche Auswahl verrät Begeisterung für neue Kunst und ihre Protagonisten.

Eine Etage höher kommen zu den Sinnen- nun auch die Gaumenfreuden – die Bar haben wir, es ist später Vormittag, vorsichtshalber links liegen gelassen. Also, das Restaurant. Zehn runde Tische mit acht Plätzen, dazu Sitzecken auf rotem Leder. Der Blick aus dem sechsten Stock zum Potsdamer Platz wird nur noch von der Aussicht auf der Dachterrasse übertroffen: Quadriga auf Augenhöhe. Silberne Stäbchen liegen bereit, wenn ein zartes Wesen fragt, welcher Art das Dim Sum als Vorspeise denn nun sein soll, mit Pilzen oder Krabben, mit Karotten oder Schweinefilet? Egalweg guckt einem eine flott bezopfte Revolutioneuse in der Uniform der Volksbefreiungsarmee auf den Teller – Maos Enkel dekorieren das Wohlleben der führenden Klasse auf ihre Art. Eine knusprige Ente mit Pflaumensauce und Pfannkuchen für zwei Personen kostet 27 Euro, und es wird gesagt, dass mit Tam Kok Kong, der überall nur „Chef Tam“ genannt wird, einer der drei besten chinesischen Köche der Welt nach Berlin gekommen sei. „Fundus“-Chef und Adlon-Erbauer Anno August Jagdfeld und seine Frau Anne Maria, die diesen Berliner China-Club konzipiert und eingerichtet hat, entdeckten Chef Tam und sein Team im „Jade“ von Singapur, einem der bekanntesten asiatischen Luxusrestaurants.

Anno August Jagdfeld möchte mit seiner Vorstellung vom Reich der Mitte in Mitte das gesellschaftliche Lebens dieser Stadt bereichern. „Es schadet niemandem und es hilft Berlin“, sagt er. Und wie teuer ist dieser Luxus? „Es ist der wohl teuerste Club in Deutschland“. Über Geld wird hier nicht geredet, Geld hat man ganz einfach da oben in der auch nächtens erleuchteten Beletage der Behrenstraße unter dem Himmel von Berlin.

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