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Ziehen und strecken. Die Personal Trainer Andrea Göhre und Sven Röhr zeigen, wie man das Theraband nach hinten dehnt und dabei ein Bein nach vorn führt. Eine Übung fürs Gleichgewicht.

© Doris Spiekermann-Klaas

Reine Formsache Folge 2: Gleichgewichtstraining für Wackelkandidaten

Wer beim Gehen oder beim Joggen öfter umknickt oder stolpert, sollte seine Koordination und den Gleichgewichtssinn schulen. Das bringt mehr Sicherheit im Alltag und beim Sport. Ein Muss auch für Kinder.

Von Susanne Leimstoll

Sicher laufen, ohne ständig nach unten zu schauen? Für manche Menschen ist das gar nicht so einfach. Beim Gehen taxieren ihre Augen ein Feld von maximal fünf mal fünf Metern. Es könnte ja ein Hindernis kommen – ein Stein, eine Schwelle – und dann stürzt man. „Wer Koordination und Gleichgewicht schult, wird sich, selbst wenn er stolpert, abfangen können. Und er kann sich während des Laufens unterhalten, ohne den Boden im Blick zu behalten“, sagt Personal Trainer Sven Röhr. Koordinationstraining vermittelt Sicherheit auf zwei Beinen.

„Im Alter lässt die koordinative Fähigkeit nach“, sagt Röhr. Doch daran mangle es heute selbst Schulkindern. „Viele können nicht die Balance auf einem Bein halten, nirgends runterspringen und abfedern. Warum? Weil sie nicht mehr genügend draußen spielen. Ihnen fehlt Bewegung."

Gegenläufige Hand- und Fußbewegungen schulen den Gleichgewichtssinn

Wer koordinatorisch gut drauf ist, hat zum Beispiel kein Problem damit, gegenläufige Hand- und Fußbewegungen auszuführen. Das ist vor allem wichtig fürs Gehen. „Bildlich gesprochen sendet jedes Gelenk bei der Bewegung Informationen weiter“, erklärt Sven Röhr. „Lässt das nach, nehme ich unebenen Untergrund zu spät wahr. Schon kleine Steine können zu Stolperfallen werden.“ Trainierte Menschen reagieren besser: Ihr Fuß wird Unebenheiten schneller ausgleichen. Kommen sie aus dem Gleichgewicht, können sie sich geschickt abfangen.

Deshalb empfiehlt der Personal Trainer, einige der Gleichgewichts-Übungen auf einer instabilen Unterlage durchzuführen, etwa einem zusammengefalteten Handtuch. Da fällt es noch ein bisschen schwerer, auf einem Bein zu stehen und das andere nach vorn und hinten zu führen. Oder auf einem Bein stehend ein Theraband nach hinten zu ziehen, während das freie Bein nach vorne gestreckt wird.

Ganz schön gemein, aber eben effektiv. „Wer die Übungen zweimal die Woche etwa 20 Minuten macht, steht und geht schon nach zwei Wochen deutlich sicherer und hat eine bessere Haltung. Von Mal zu Mal schafft man mehr Wiederholungen.“ Wobei ihm wichtig ist: „Lieber mal kürzer trainieren, aber dafür kontinuierlich.“

Ein Trauma kann das koordinative Gedächtnis verändern

Ist denn sicheres Gehen und Laufen nicht ganz natürlich? Das müsste doch jeder können. „Es gibt bestimmte Auslöser, die das koordinative Gedächtnis und den Gleichgewichtssinn beeinflussen“, sagt Sven Röhr. „Ein Trauma, das nicht verarbeitet wurde, Unfälle, deren Folgen nicht auskuriert sind.“ Reizüberflutung im Alltag könne ein Grund sein, das zentrale Nervensystem kann dann wichtige und unwichtige Reize nicht mehr trennen. Röhr: „Ohne Sport wird dieser Prozess immer schneller voranschreiten. Und wer beim Gehen öfter umknickt, wird immer ängstlicher, sich zu verletzen.“ Langes Sitzen oder langes Liegen, etwa durch einen Krankenhausaufenthalt, beeinflussen die Koordination. Und ebenfalls ein Muskelabbau, etwa nach einer Crashdiät ohne ausgleichenden Sport. Denn wer weniger Kraft hat, kann sich auch schlechter abfangen.

Es folgt ein kleiner Alltagstest: Klappt es, im Stehen auf einem Bein die Socke anzuziehen? Müssen Sie sich beim Aussteigen aus der Badewanne unbedingt festhalten? Wie gut funktioniert es, auf einen Stuhl und wieder hinabzusteigen? Dezenter Tipp: Ganz hinten in der Printausgabe des Tagesspiegels liegt zusammengefaltet die Lösung für Wackelkandidaten – ein Poster mit sechs einfachen Übungen.

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