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Berlin: Roman einer Freundschaft im Roten Salon

Sitzt ein junger Mann in einem 40-Seelen-Kaff auf Sizilien, vier Wochen lang. Redet mit fast niemandem.

Sitzt ein junger Mann in einem 40-Seelen-Kaff auf Sizilien, vier Wochen lang. Redet mit fast niemandem. Schreibt eine lakonisch erzählte Geschichte über eine Jungs-Freundschaft. Fährt nach Berlin zurück, verschickt das Manuskript – und der renommierte Suhrkamp Verlag schnappt sich das Werk sofort und bringt es heraus. Das ging aber schnell? Kann man wohl sagen. Wovon andere Autoren nur träumen, ist Jochen Neumeyer gelungen. Heute Abend liest er im Roten Salon der Volksbühne aus „Sommerstarre“.

Der 31-Jährige hat erst Jura studiert, dann bei der Deutschen Presse-Agentur eine Journalistenausbildung gemacht. Dort haben sie ihn als Redakteur übernommen, fest angestellt, unbefristet. Was aber macht Neumeyer? Wirft den Job hin. Schreibt sein Buch. „Ich habe mir dafür eine Auszeit genommen“, sagt er. „Ich hatte es auch satt, in Städten zu leben, in denen ich nicht sein wollte.“ Das war der Haken an der Redakteursstelle. Sie war in Mannheim. Neumeyer zog nach Berlin. Und fuhr nach Sizilien. „Das Thema Freundschaft hat mich schon länger beschäftigt“, sagt er. „Ich hatte eine Ausgangskonstellation im Kopf, als ich nach Scopello fuhr, aber nicht viel mehr.“

Für ein vergessenes Computerkabel suchte er tagelang in Palermo Ersatz. „In dieser Zeit sortierte sich alles in meinem Kopf“, sagt Neumeyer. Dann setzte er sich hin und schrieb die Geschichte auf. Sie beginnt mit einer Mail, in der steht: „Lieber Jens, ich weiß, es ist lange her. Janine ist tot. Falls du herkommen willst – gerne.“ Mehr Personal hat die Geschichte praktisch nicht. Da ist Jens, der Ich-Erzähler, und sein alter Schulfreund Anders, von dem er zwei Jahre nichts gehört hat, der Absender der Mail. Janine, genannt Nine, war erst mit Jens zusammen, dann mit Anders. Dadurch war die Männerfreundschaft gerissen. Nine ist beim Tauchen vor Sizilien ertrunken, und die beiden alten Freunde machen sich auf dem Weg dorthin. Der Roman ist kurz, 143 Seiten, und packend. Der Ton ist leicht, die Fragen sind es nicht: Was ist Freundschaft, was ist Liebe, worum geht es im Leben überhaupt?

Scopello heißt der Ort auf Sizilien, an dem der größte Teil von „Sommerstarre“ entstand, und so heißt auch der Ort, an dem das Mädchen im Buch starb. Der Ich-Erzähler ist Journalist, und seine Initialen sind J.N. Trotzdem: „Alles frei erfunden“, sagt Neumeyer.

Lesung heute, 21 Uhr, im Roten Salon der Volksbühne, Kartentelefon 2476772, und am 17. Juni im Buchhändlerkeller in der Carmerstraße, 21 Uhr, Telefon 3130151

Fatina Keilani

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