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Berlin: Ron Herrmann ist neuer Leiter des Büros der "Ärzte ohne Grenzen". Heute ist die Preisvergabe.

Als die Nachricht aus Oslo kam, konnte Ron Herrmann seine schönen Konzepte in den Papierkorb befördern. Der Leiter des Berliner Büros von "Ärzte ohne Grenzen" hatte tagelang darüber nachgedacht, wie die Hilfsorganisation in den fünf neuen Bundesländern bekannter werden könnte.

Als die Nachricht aus Oslo kam, konnte Ron Herrmann seine schönen Konzepte in den Papierkorb befördern. Der Leiter des Berliner Büros von "Ärzte ohne Grenzen" hatte tagelang darüber nachgedacht, wie die Hilfsorganisation in den fünf neuen Bundesländern bekannter werden könnte. Als am 15. Oktober entschieden wurde, dass "Ärzte ohne Grenzen" heute in Oslo mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet werden soll, war das Publicity-Problem gelöst. "Das war Wahnsinn, was wir an dem Tag gemacht haben. Sechzig Interviews habe ich an dem Tag gegeben - zum Teil mit Sendern, von denen ich vorher noch nie gehört hatte", beschreibt er den Medienrummel, der damals losbrach.

Es war der pure Zufall, dass sich Fernsehstationen, Radiosender und Zeitungen auf das kleine Büro in Prenzlauer Berg stürzten, während die Bonner Zentrale von "Ärzte ohne Grenzen" nahezu unbehelligt blieb: Die Geschäftsführerin Ulrike von Pilar war für einen Kongress nach Berlin gekommen und wurde dort von der Nachricht aus Oslo überrascht. "Bis dahin wusste doch kaum jemand, dass wir auch hier in Berlin sitzen", sagt Herrmann. Erst vor rund einem Jahr ist "Ärzte ohne Grenzen" nach Berlin gekommen - mit einer Mitarbeiterin.

Für Herrmann ist das Leben seit dem 15. Oktober um einiges leichter geworden: Ganz gleich, ob es um die Schaltung einer Anzeige oder die Raummiete für einen Saal geht - Sonderkonditionen und bevorzugte Behandlung sind jetzt eher die Regel als die Ausnahme. Herrmann muss auch nicht mehr lange erklären, was "Ärzte ohne Grenzen" von anderen Hilfsorganisationen unterscheidet: Die Begründung des Nobelpreiskomitees war überall zu sehen und zu hören: Danach zeichnet sich die Organisation nicht nur durch besonders schnelles Eingreifen aus, sondern hat es auch häufig geschafft, die öffentliche Meinung zu mobilisieren.

Aber nicht nur die Medien melden sich seit dem 15. Oktober öfter im Berliner Büro. Zugenommen haben auch die Anfragen nach einem Einsatz im Ausland. Im letzten Jahr waren es gerade eine Handvoll Ostdeutsche, die mit der Hilfsorganisation ins Ausland gegangen sind. "Das werden im kommenden Jahr erheblich mehr sein", schätzt Herrmann. Für den "Ärzte ohne Grenzen"-Mann, der seit Oktober in Berlin ist und seit dem 1. November das Büro leitet, ist die Verschmelzung von Ost und West eine Herzensangelegenheit. Aufgewachsen ist er in Bayreuth, im ehemaligen "Zonenrandgebiet" wie der 100 Kilometer breite Streifen westlich der deutsch-deutschen Grenze genannt wurde. "Ich bin im Schatten der Grenze groß geworden", erzählt er, "da war das Interesse an der anderen Seite des Stacheldrahtes immer schon da".

Trotzdem wird es den 30-Jährigen nicht lange in Berlin halten: "Ärzte ohne Grenzen" wird im kommenen Jahr seine Zentrale in die Hauptstadt verlegen, das lokale Büro ist dann überflüssig. Was Herrmann dann machen wird, weiß er noch nicht. Sicher ist aber, dass es den Politologen, der im vergangenen Jahr zuerst für das Auswärtige Amt in Albanien und danach für "Ärzte ohne Grenzen" in Mazedonien und im Kosovo war, wieder ins Ausland zieht. Das Jahr in Berlin, so Herrmann, habe er zum Ausruhen gebraucht. "Ich wollte wieder einmal in normalen Verhältnissen zu leben." Heute Abend reist er aber erst einmal nach Bonn: Zum feiern. "Dazu hatten wir im Oktober einfach keine Zeit, das wird jetzt nachgeholt."Spendenkonto: Ärzte ohne Grenzen, Sparkasse Bonn, BLZ: 380 500 00, Konto: 97 0 97

Katharina Voss

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