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Berlin: Rückkehr aus der Versenkung Die Liberalen nutzten die Senatskrise für einen Neubeginn

24 Jahre lang stand die Berliner FDP seit Kriegsende in der politischen Verantwortung: Mal mit der SPD, mal mit der CDU oder mal mit beiden Parteien zusammen. Dann folgte der politische Sinkflug.

24 Jahre lang stand die Berliner FDP seit Kriegsende in der politischen Verantwortung: Mal mit der SPD, mal mit der CDU oder mal mit beiden Parteien zusammen. Dann folgte der politische Sinkflug. 1989: 3,8 Prozent, 1995: 2,7 Prozent, 1999: 2,2 Prozent. Einer, der den Absturz der Berliner Liberalen überlebte, ist Günter Rexrodt. Der Ex-Wirtschaftsminister, Ex-Finanzsenator, Bundestagsabgeordnete, Bundesschatzmeister und FDP-Landesvorsitzende war maßgeblich derjenige, der der Partei auch den Wiedereinzug ins Abgeordnetenhaus ermöglichte: 9,9 Prozent erzielte die FDP bei den Wahlen im vergangenen Oktober. Knapp verfehlten die Liberalen ein zweistelliges Ergebnis.

Auch die Liberalen forderten schon zu Beginn der CDU-Parteispendenaffäre im vergangenen Jahr einen politischen Neuanfang. Als im Mai das Volksbegehren für Neuwahlen startete, sprang die FDP mit auf den Zug.Von Koalitionsaussagen hielt sich die Partei betont fern, die zentrale Wahlkampfaussage aber lautete: die PDS in der Regierung verhindern. Deshalb gingen die Liberalen auch durchaus mit Zweckoptimismus in die Ampelverhandlungen. Sie wollten den Wählern beweisen, alles zu tun, um eine Regierungsbeteiligung der PDS zu verhindern. Während der Gespräche aber zeigte sich eines: Die FDP bestand aus Rexrodt, und alle Fäden liefen bei ihm zusammen.

Nach den Wahlen proklamierte Rexrodt, Fraktionschef zu bleiben, sollte es zu einer Ampelkoalition kommen. Schnell verabschiedete er sich von der Landespolitik, als Rot-Gelb-Grün scheiterte. Für viele Liberale kam die Übergabe des Fraktionsvorsitzes an Martin Lindner zu unerwartet. Den Denkzettel für seine „Fahnenflucht“ erhielt Rexrodt auf einem Parteitag im Februar: Bei der Wahl zum erneuten Landesvorsitz ließen ihn die Delegierten im ersten Durchgang durchfallen. Nach langer Zeit der parlamentarischen Abstinenz hatte man von Rexrodt erwartet, mit seiner politischen Erfahrung die Fraktion aufzubauen.

Die FDP war über Jahre aus dem Straßenbild Berlins verschwunden. In der außerparlamentarischen Opposition hatte sie sich jedoch personell erneuert – und sich vor allem des strammkonservativen Flügels um den früheren Generalbundesanwalt Alexander von Stahl entledigt. Dass in der Berliner FDP kein Platz mehr für nationalkonservative Strömungen ist, zeigte sich vor allem nach den Äußerungen von Parteivize Möllemann: Der Landesverband sprach sich geschlossen für die uneingeschränkte Unterstützung von FDP-Chef Westerwelle aus. Und rechte Liberale wie das Fraktionsmitglied Wolfgang Mleczkowski wurden nach missliebigen Äußerungen von Fraktionschef Lindner scharf in die Schranken verwiesen.

Auch die FDP ist im schwarz-gelb-grünen Oppositionsblock auf Profilsuche. Konnte sie sich noch bei den Wahlen auf Stimmen enttäuschter CDU-Wähler verlassen, muss sie sich im Abgeordnetenhaus als kleinere bürgerliche Oppositionspartei neben der CDU behaupten. Die meisten FDP-Abgeordneten sind aber noch in der Einarbeitungszeit: Um gegen die Argumente „alter Hasen“ im Parlament zu bestehen, fehlen oft Detailkenntnisse. Relativ unbeschwert begreift sich die FDP als „Fundamentalopposition“: Politische Gegebenheiten wie Parlamentsabläufe werden in Frage gestellt. Wen man damit düpiert, ist erst einmal egal. Sabine Beikler

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