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Feinschmecker. Elche fressen gern junge Triebe – zum Ärger von Förstern und Bauern. Und sie durchqueren Landstreifen auf gewohnten Routen – egal, ob dort heute eine Straße verläuft. Das Land Brandenburg rechnet deshalb mit steigenden Unfallzahlen. Foto: dpa/Pleul

© picture alliance / ZB

Berlin: Rückkehr der Giganten

Immer mehr Elche tauchen in den Wäldern Brandenburgs auf. Das Land wappnet sich.

Von Matthias Matern

Potsdam - In Schweden, Norwegen und Finnland guckt er fast hinter jedem Baum hervor, in Brandenburg ist er höchstens zu Besuch. Einzelne Tiere machen sich aus Polen auf den Weg, überqueren die Oder und streifen durch die märkischen Wälder. 72 Elche wurden nach Angaben des brandenburgischen Agrarministeriums seit 1991 zwischen Prenzlau und Cottbus gesichtet. „Der absolute Schwerpunkt ist der Landkreis Oder-Spree, aber auch aus der Schorfheide wurden einzelne Exemplare gemeldet“, sagt Ina Martin von der Forschungsstelle Wildökologie und Jagdwirtschaft im Landeskompetenzzentrum Forst in Eberswalde.

Derzeit arbeiten Martin und ihre Kollegen an einem Elch-Managementplan. Förster, Jäger, Waldbesitzer aber auch Landwirte, Naturschützer und Verkehrsexperten sollen für eine Begegnung mit dem Wiederkäuer besser gerüstet sein. Ina Martin sagt, es sei davon auszugehen, dass Elche künftig häufiger nach Brandenburg einwandern.

Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs war der Elch in Mecklenburg und Teilen Ostbrandenburgs noch Teil der heimischen Tierwelt. Bis in die siebziger Jahre sollen einzelne Tiere in Mecklenburg-Vorpommern erlegt worden sein. Mittlerweile gilt eine ganzjährige Schonzeit. Ohnehin kommt die weltweit größte Hirschart in Mitteleuropa heute nur noch in Tschechien, der Slowakei und in Polen vor. Den Bestand jenseits der Oder schätzt Elch-Expertin Ina Martin auf 5000 bis 7000 Tiere, Tendenz steigend. Die wachsende Population auf begrenztem Territorium ist nach Martins Ansicht der Hauptgrund für deren Wanderung gen Westen. „Vermutlich sind sie auf Suche nach neuen Lebensräumen.“ Zwar gebe es in Polen vergleichsweise große zusammenhängende Wälder, vor allem in Schutzgebieten, doch irgendwann seien auch diese Kapazitäten erschöpft. Auf ihrem Weg nach Brandenburg folgen die Tiere alten Routen, die von einer zur anderen Elch-Generation weitergegeben werden. „Diese Wechsel sind Autobahnen oder Bundesstraßen“, sagt Ina Martin. Die Oder stelle kein großes Hindernis dar. „Elche sind sehr gute Schwimmer und im Winter wandern die Tiere über das Eis.“

Als Lebensraum komme Deutschland eigentlich kaum mehr infrage. Zu wenig Wald, zu viele Straßen und wohl auch zu warm, glaubt die Diplombiologin. Viele Elche sterben auf der Wanderschaft. Laut Agrarministerium sind seit der Wende acht Elche bei Verkehrsunfällen ums Leben gekommen. Im August 2000 zum Beispiel kam es zwischen Byhleguhre und Burg (Dahme-Spreewald) zu einem schweren Unfall. Der beteiligte Linienbus musste danach aus dem Verkehr gezogen werden.

Obwohl Elche friedliche Zeitgenossen sind, könnte ihr vermehrter Besuch zu Problemen führen, glaubt Martin. Einesteils steige die Zahl der Verkehrsunfälle – bis zu 800 Kilogramm, aber kaum weniger als eine halbe Tonne bringt ein ausgewachsener Bulle auf die Waage. Zum anderen seien Elche echte Feinschmecker und räuberten frische Triebe – sehr zum Ärger von Förstern und Landwirten.

Mit dem Managementplan „Strategien und Handlungsbedarf beim Umgang mit zuwandernden Elchen“ folgt Brandenburg dem Vorbild Bayerns. 2008 hat der Freistaat seinen „Elchplan für Bayern“ veröffentlicht. Auch dort geht es vor allem darum, sich anbahnende Konflikte zu entschärfen. Allein 2007 seien 20 Elche in Bayern nachgewiesen worden, heißt es in dem Papier.

Zuletzt wurde in Brandenburg ein wandernder junger Elchbulle im Dezember 2011 östlich der A11 bei Joachimsthal im Kreis Barnim gesichtet. Dass die Elche dauerhaft nach Brandenburg zurückkehren, will die Expertin nicht ganz ausschließen. Sie seien trotz allem sehr anpassungsfähig. „Beim Wolf hat man früher auch nicht gedacht, dass er wieder durch Brandenburg streift.“

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