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Berlin: Russischer Banker: Zusammenbruch nach Androhung von Abschiebehaft Oleg Liskin kam in eine Klinik. Trotzdem soll er ausgewiesen werden

Er zittert, kann nicht richtig sprechen und ist völlig verängstigt. Der Zustand des Russen, der in seiner Heimat Schlimmes erlebt hat, hat sich in den vergangenen Tagen dramatisch verschlechtert: Er befindet sich in einer psychiatrischen Klinik.

Er zittert, kann nicht richtig sprechen und ist völlig verängstigt. Der Zustand des Russen, der in seiner Heimat Schlimmes erlebt hat, hat sich in den vergangenen Tagen dramatisch verschlechtert: Er befindet sich in einer psychiatrischen Klinik. Als Oleg Liskin erfahren hat, dass ihn die Ausländerbehörde in Abschiebehaft nehmen will, ist er zusammengebrochen. Freunde haben ihn in die Klinik gebracht. Die Veröffentlichung im Tagesspiegel über Liskins Schicksal hat in politischen Kreisen einige aufgerüttelt – vielleicht eine neue Chance für Liskin.

Der 35-Jährige hat in Berlin politisches Asyl beantragt. In Russland hat er sich für die liberale Reformpartei „Jabloko“ engagiert und saß deshalb im Gefängnis, wo er gefoltert wurde. Das war vor drei Jahren. Danach arbeitete Liskin in Moskau in der Legprombank, die ebenfalls „Jabloko“ unterstützte. Das Geldinstitut gibt es nicht mehr. Die Art, wie es zerschlagen wurde, ähnelt der Vernichtung des Ölkonzerns Jukos. Jukos-Chef Michail Chodorkowskij sitzt in Moskau im Gefängnis. Gegen den Direktor der Legprombank und Oleg Liskin, seinen Assistenten, haben die russischen Behörden einen Haftbefehl erlassen. Wegen „Behinderung der Ausübung der Rechtspflege und Hooliganismus“ drohen ihnen zehn Jahre Gefängnis. Liskin ist deshalb nach Berlin geflohen.

Die Folter im russischen Gefängnis und was er als Soldat in Afghanistan erlebt hat, haben schwere Traumata hinterlassen, weshalb er im Berliner Zentrum für Folteropfer behandelt wird. „Eine Abschiebung könnte katastrophale Folgen haben“, sagt Teshome Gutteta, sein Arzt. Liskin sei depressiv und suizidgefährdet. „Stresssituationen können zu Entgleisungen führen. So wie vergangene Woche die Androhung von Abschiebehaft.“ Nun bekomme Liskin starke Psychopharmaka. Gutteta hält das Vorgehen der Behörden für „rücksichtslos“ und bittet, man möge die besonderen humanitären Umstände seines Patienten berücksichtigen. „Um jemanden in Abschiebehaft zu nehmen, muss er haftfähig sein“, sagt Henrike Morgenstern, die Sprecherin von Innensenator Ehrhart Körting (SPD). Es müsse durch ärztliche Atteste glaubhaft dargebracht werden, dass das Gefängnis nicht zumutbar sei.

Liskin soll ausgewiesen werden, weil Deutschland nicht für sein Asylverfahren zuständig ist, sagt das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, sondern Spanien. Liskin sei illegal von Spanien nach Deutschland eingereist. Das gehe aus seinen Papieren hervor. „Das ist Quatsch“, sagt Liskins Anwalt Peter Strathmeier, „er ist 2002 mit einem französischen Visum von Moskau nach Berlin geflogen und hält sich seitdem ununterbrochen hier auf.“ Dafür gebe es Zeugen, etwa die Angestellten des Hotels, in dem er wohnte. Auch Liskins Ausweis, der beim Betreten des Fitnessclubs elektronisch eingescannt wird, belege, dass er die ganze Zeit hier war. „Das muss man doch klären, da kann man nicht einfach abschieben“, sagt Strathmeier und hat Klage eingelegt. „Nichts da“, heißt es beim Bundesamt. „Der kommt in Haft und wird abgeschoben.“

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