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Berlin: Samurai im Bühnengrund - Uwe Rieckhoff probt seine Performance

Wenn er nicht weiter weiß, blättert Uwe Rieckhoff im Buch auf dem Regietisch. "Hagakure - Der Weg des Samurai" steht auf dem Umschlag.

Wenn er nicht weiter weiß, blättert Uwe Rieckhoff im Buch auf dem Regietisch. "Hagakure - Der Weg des Samurai" steht auf dem Umschlag. Seit Anfang der Woche probt der Bühnenbildner, Maler und Samurai-Fan auf der Hinterbühne im Theater des Westens seine Performance "Requiem".

Vom Band dröhnen die "Einstürzenden Neubauten". Wie in Zeitlupe bewegen sich Rieckhoffs Darsteller dazu. Video-Monitoren wiederholen ihre Aktionen zeitversetzt. Der grauhaarige Mann hinter dem Regiepult verlangt viel von ihnen, wie ein Samurai von seinesgleichen: Die Tänzerin Anu Pehkonen fährt immer wieder mit der Hand über ein Messer. Ihr Partner Sven Simon liegt auf einem weißen Quader in der Mitte des Raums. Mit beiden Händen hält er ein Stahlrohr über seinem Kopf. "Der Arzt hat gesagt, dass hält keiner länger als vier Minuten aus. Wir sind jetzt bei sieben!" erzählt Rieckhoff und freut sich wie ein kleines Kind.

In Rieckhoffs "Requiem" geht es nicht um Tod, sondern um lebensgefährliche Situationen und das Weiterleben. "Wer aufgibt, hat verloren." sagt er. Das passt zu einem, der Rat bei japanischen Samurais sucht, und eine Biographie wie die von Uwe Rieckhoff vorweisen kann: Als Kind pendelte er hin und her zwischen Prügelvater zu Hause und Erziehungsheim. Er war ein schlechter Schüler, aber der Zeichenstift bewahrte ihn vor dem Sitzenbleiben. Ein Deutschlehrer erkannte Rieckhoffs Talent, engagierte ihn regelmäßig zum Ausmalen der Schulfeste. Mit 14 ging Rieckhoff von der Schule und wollte auf einem Frachter anheuern. Einem Freund hat er es zu verdanken, dass er es sich anders überlegte: "Du musst Maler werden", hatte der gesagt. Ein paar Jahre später wurde er in die Kunstakademie Hamburg aufgenommen, trotz fehlendem Abitur, nur aufgrund der eingereichten Arbeiten.

Der nächste Karrieresprung kam nach der Hochschule: Rieckhoff lernte Elmar Ottenthal kennen, der damals Abendspielleiter am Stadttheater Lübeck war. Ottenthal war so begeistert von Rieckhoffs Bildern, dass er ihn als Bühnenbildner für eine Parzifal-Inszenierung in Barcelona vorschlug. Weitere Theater-Projekte in Kooperation mit Ottenthal folgten. Aber irgendwann wurde Rieckhoff das Malen zu langweilig.

Es zog ihn weg von der statischen Bilderwelt hin zum richtigen Leben und so entstanden die ersten Performances. Ottenthal hatte er in der Zwischenzeit aus den Augen verloren. Rieckhoff hörte erst wieder von ihm, als der Theatermann seine Stelle als Intendant am Theater des Westens antrat. Der Maler war gerade in New York und hielt sich mit dem Verkauf eigener Postkarten seiner letzten Performance über Wasser. Eine Karte schickte Rieckhoff an seinen Freund Ottenthal. Der wurde neugierig und lud den Ex-Bühnenbildner zu einer Vorführung ein.

Erschöpft lässt Sven das Eisenrohr über ihm los. Seine Partnerin hantiert jetzt auf dem Videobildschirm mit dem Messer. In immer schnelleren Bewegungen führt sie es über die geöffnete Hand. Ein echter Samurai teilt das Schicksal seiner Gefährten. Darum trainiert Rieckhoff jeden Morgen mit seinen Darstellern. Für den Performer gehören auch Liegestützen dazu - über dem offenem Messer."Requiem" auf der Hinterbühne des Theater des Westens am Freitag, den 21.4. und am 22.4., jeweils um 23 Uhr.

Sebastian Schneller

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