zum Hauptinhalt

Berlin: Schauspieler Manfred Korth gibt nach 29 Jahren seinen Dienst in Uniform auf

Der Hauptmann von Köpenick, alias Manfred Korth, legt für immer sein Amt nieder: Nach 29 Dienstjahren wird der rüstige Senior zum diesjährigen Köpenicker Sommer seinen letzten offiziellen Auftritt haben. Korth blickt mit Lampenfieber und ein bisschen Wehmut auf den 17.

Der Hauptmann von Köpenick, alias Manfred Korth, legt für immer sein Amt nieder: Nach 29 Dienstjahren wird der rüstige Senior zum diesjährigen Köpenicker Sommer seinen letzten offiziellen Auftritt haben. Korth blickt mit Lampenfieber und ein bisschen Wehmut auf den 17. Juni 2000, denn "ein wesentlicher Teil meines bisherigen Lebens ist dann zu Ende", sagt der Schauspieler nachdenklich.

Es ist eine Vernunftsentscheidung, die er gemeinsam mit seiner Frau getroffen hat. "Wir wollen dann unsere verbleibende Zweisamkeit in allen Zügen genießen", sagt Korth. "Und in acht Jahren unsere diamantene Hochzeit feiern", ergänzt seine Frau Ingeborg. In den fast drei Jahrzehnten, in denen ihr Mann auf vielen Veranstaltungen und Empfängen auftrat und immer wieder den Festumzug beim "Köpenicker Sommer" anführte, stand die 72-Jährige ihrem Mann stets zur Seite. Sie packte den Kostümkoffer, schmierte Stullen und mischte sich auch manchmal in die Menge, um ihren Manfred zu beobachten. Wenn sie dabei das Lob der Zuschauer hörte, war sie besonders stolz.

Viele, die Korth live erlebt haben, bedauern seinen Rückzug. "Er stellt den Hauptmann so angenehm dar, so zurückhaltend", sagt ein Mitarbeiter des Bezirksamtes. Ob das eine Anspielung auf den zweiten "praktizierenden" Hauptmann, den Schauspieler Jürgen Hilbrecht, ist, sei dahin gestellt. Korth ist auf jeden Fall der Bekanntere von beiden und schon länger im Dienst. Sein Kollege tourt erst seit zehn Jahren als Hauptmann durchs Land. "Wir achten gegenseitig unsere Arbeit, doch Konkurrenten sind wir nicht ", meint der Senior. "Dazu sind wir wohl auch zu verschieden." Denn Korth gibt dem Schuster Wilhelm Voigt, der 1906 in Hauptmannsuniform das Köpenicker Rathaus stürmte, ganz bewusst ein eher unauffälliges Auftreten. Genau diese Empfehlung hatte ihm 1990 auch Heinz Rühmann, der als Hauptmann große Erfolge feierte, während einer Begegnung mit auf den Weg gegeben.

Korth selbst spricht von einer Seelenverwandschaft, die ihn mit dem Schuster Wilhelm Voigt verbindet. So gibt es viele Gemeinsamkeiten: Beide sind nach Berlin zugezogen, beide haben nie beim Militär gedient und jeder ist viel in der Welt herumgereist. "Voigt hatte wie ich den Wunsch, einmal Amerika zu besuchen, auch das ist uns gelungen", freut sich der 71-Jährige. Natürlich weiß er, dass der Schuster immerhin 27 Jahre im Gefängnis saß und ihn deshalb auch etliche Leute für einen "gewöhnlichen Verbrecher halten". Doch Korth imponiert, dass Voigt den Mut hatte, mit seiner inzwischen weltberühmten Aktion, bei der er vor 94 Jahren den Köpenicker Bürgermeister festnahm und die Stadtkasse beschlagnahmte, das preußische Militär lächerlich zu machen. Und der Kabarettist stellt immer wieder mit Freude die fehlerhafte Uniform zur Schau, bei der unter anderem ein Offiziersstern auf einem Schulterstück fehlte.

Wichtiger als diese Details sind ihm allerdings die Kontakte zum Publikum gewesen. Bereitwillig hat er stets die vielen Fragen beantwortet. Und wenn jemand wissen wollte, wie er zu seinem Hauptmanns-Job kam, erzählte er jedesmal die gleiche Geschichte: dass er 1971 vom damaligen Rat des Stadtbezirkes angesprochen wurde. Weil er sich als Sänger und ausgebildeter Kabarettist dazu in der Lage sah, sagt er zu. Jahre später erfuhr er dann, dass er in derselben Straße nahe dem früheren Schlesischen Bahnhof wohnt, in der Schuster Voigt lebte.

Dem neuen Hauptmann, den der Bezirk derzeit per Ausschreibung sucht, wünscht Korth ein bescheidenes, nicht bravouröses Auftreten. "Die Bewerber sollten zwischen 40 und 55 Jahre alt sein und Erfahrungen auf dem Gebiet des Schauspiels und Gesangs mitbringen", erklärt Kulturamtsleiterin Karin Geißler.Bis zum 1. Februar 2000 müssen Interessenten ihre Unterlagen an das Kulturamt, Freiheit 15, 12555 Berlin, schicken.

Steffi Bey

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false