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Berlin: Schießerei im Hausflur – Polizisten vor Gericht

Erst feuerte ein Betrunkener mit einer Schreckschusspistole, dann zückten die Beamten ihre Waffen. Sie hätten Todesangst gehabt, sagen die Angeklagten

Der eine Beamte gab in einem Weddinger Wohnhaus acht Schüsse ab, der andere vier. Gerechtfertigt aber war aus Sicht der Anklage nur die erste Kugel. Die beiden Polizisten sollen aus Verärgerung über einen Schuss aus einem Türspalt ihrerseits zum Angriff übergegangen sein. Der damals betrunkene und mit einem Schreckschussrevolver bewaffnete Carlos G. (34) wurde an Schulter, Arm und Daumen verletzt. Für die Polizisten hat die Schießerei seit gestern ein Nachspiel vor dem Landgericht.

Die Staatsanwaltschaft geht von einem versuchten Totschlag aus. G. sei bei dem Einsatz im August 2003 bereits mit der ersten Kugel verletzt worden und habe sich blutend in seine Wohnung zurückgezogen. Die beiden Angeklagten aber seien aufgebracht gewesen. Sie sollen sich auf die Wohnungstür zubewegt und gezielt dorthin geschossen haben, wo sie den Mann hinter der Tür vermuteten.

Die 42 und 43 Jahre alten Polizisten – der eine Oberkommissar, der andere Obermeister – schilderten eine Szene, in der sie selbst nicht gerade glanzvoll, aber keinesfalls strafbar handelten. Sie seien zum Tatort gerufen worden, weil ein Mann im Hinterhof Schüsse abgefeuert hatte. Es sei zunächst keine prekäre Situation gewesen, sagte der Obermeister. Sie seien nur in den Hausflur gegangen, um zu lauschen und die Gefahrenlage zu klären. „Plötzlich ging die Tür auf und ein Arm mit einer Waffe kam heraus.“

Der gebürtige Mexikaner Carlos G., der sich nach reichlich Tequila über lachende Nachbarn geärgert haben soll, drückte ab. Die beiden Polizisten hielten seine Waffe für echt. „Wir schossen fast zeitgleich zurück“, sagte der Obermeister. „Es knallte, es gab einen Lichtblitz und Qualm, ich stand unter Schock“, beschrieb der Oberkommissar die Szene. Einer der Angeklagten will noch zwei Kugeln als Deckungsfeuer abgefeuert haben, als sein Kollege sich gekrümmt umdrehte und die Treppe herunterfiel. Der war zwar nicht verletzt, zitterte aber am ganzen Körper und floh aus dem Haus.

Die beiden Angeklagten sprachen von Panik und Todesangst, von Notwehr. „Ich hatte nicht vor, mich erschießen zu lassen“, erklärte der Obermeister. Bewusst habe er drei Schüsse abgegeben. Die anderen hätten sich vermutlich gelöst, als er stürzte. „Die Anklage liegt absolut neben der Sache und ist eines Rechtsstaates unwürdig“, sagten die Verteidiger. Zu keinem Zeitpunkt hätten die Beamten, die nach wie vor im Dienst sind, den Mann verletzen wollen. Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt.

Kerstin Gehrke

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